10/20215,– Euro, Österreichische Post AG,  P.b.b. Abs.: Gesellschaft zur Herausgabe der Zeitschrift ZUKUNFT,  Kaiserebersdorferstrasse 305/3, 1110 Wien, MZ 14Z040222 M, Nr. 10/2021POST/MARXISMUS„Linke Erzählung“ oder Klassenkampf?Yola KipcakHardware – Hintergründe zum  Gerätekauf an BildungsinstitutionenPeter PawlickiPost-Marxismus vs. MarxismusJulia BrandstätterDer Marburger LinkskantianismusElisabeth Theresia WidmerSEIT 1946


 2 | ZUKUNFT  Spätestens seit dem Fall der Berliner Mauer häu-fen sich Stimmen, die am Ende der Geschichte Marx und dem Marxismus ihre Legitimität absprechen wollen. Sei es, dass ihre „Große Erzählung“ in Frage gestellt, dass ihre ökonomische Kompetenz als veraltet begriffen oder sei es auch, dass ihr grundlegend totalitärer Charakter behaup-tet wird. Dementgegen kann im Blick auf die Geschich-te der österreichischen Sozialdemokratie nachdrücklich be-tont werden, dass die Erfolge der Sozialistischen Partei durchgängig auf das eminente theoretische und praktische Niveau des Austromarxismus zurückgeführt werden können.Deshalb stellt die Aktualisierung marxistischer Theoriebe-stände eine drängende Aufgabe progressiver Politik dar. An-gesichts solcher Konstellationen hat sich die Redaktion der ZUKUNFT entschlossen, dem Thema Post/Marxismus eine ei-gene Ausgabe zu widmen, um eine Diskussion zur Aktualität von Marx und dem Marxismus zu eröffnen. Sind wir wirklich schon im Post/Marxismus angekommen oder insistieren Marx und der Marxismus gerade hinsichtlich der krisengebeutel-ten Finanzmärkte und dem horrenden Auseinanderdriften von Kapital und Arbeit? Eines scheint dabei gewiss zu sein: Marx gespenstert und kann nicht totgeschlagen werden …Ganz in diesem Sinne unternimmt Daniel Lehner den Versuch, aus einer poststrukturalistisch informierten Positi-on heraus Licht in die medialen Debatten um eine sogenann-te „linke Identitätspolitik“ zu bringen. Denn seit geraumer Zeit schwappt ein konservativer Diskurs in sozialdemokra-tische Milieus, wo man nun auch manch minoritäre politi-sche Praxis als Ursache für den Niedergang auszumachen glaubt. Obwohl im Unklaren bleibt, was mit dieser soge-nannten „Identitätspolitik“ überhaupt gemeint sei, ist das Unbehagen gegenüber einzelnen Spielarten liberaler Politi-sierung teils berechtigt. Trotzdem bietet die paternalistische Anrufung einer „sozialen Frage“ keinen Ausweg aus identi-tätspolitischen Sackgassen. Gleichheit und ein marxistischer Klassenbegriff helfen diese kulturalistischen Zirkelschlüsse aufzubrechen, wobei nicht abgestritten wird, dass politische Praxis immer mit Ideologie und Identitäten verwoben bleibt.„Die Linke braucht eine neue Erzählung“ – dieser Gedan-ke beschäftigt viele Progressive in Österreich und weltweit bei dem Versuch, eine neue Alternative zu den herrschen-den bürgerlichen Parteien aufzubauen. Was steckt aber hinter dem Konzept eines „neuen Narrativs“? Und welche prakti-schen Konsequenzen hat es auf die Frage von Staat und Revo-lution? Yola Kipcak erklärt in diesem Zusammenhang, wa-rum Wortspiele kein Ersatz für den Klassenkampf sind und stellt dabei das postmarxistische Konzept der „linken Erzäh-lung“ und seine Folgen für die Praxis dem Marxismus ge-genüber. Nach einer kurzen Darstellung der philosophi-schen Grundlage des Konzepts liegt der Fokus von Kipcak auf der Staatstheorie und damit verbundenen Fragen der De-mokratie und des Parlamentarismus. Dabei wird argumen-tiert, dass das „linke Narrativ“ als Deckmantel für eine Po-litik der Passivität dient und in entscheidenden Momenten Hemmnis statt Hilfsmittel für klassenkämpferische Politik ist.Julia Brandstätter bettet dann in ihrem Beitrag den Post-Marxismus in seinen historischen Entstehungskontext ein und versteht ihn als Replik auf theoretische Annahmen der „Mo-derne“, insbesondere des Marxismus. Mit Karl Marx und POST/MARXISMUSALESSANDRO BARBERI UND JULIA BRANDSTÄTTEREDITORIAL


 ZUKUNFT | 3  Friedrich Engels antwortet sie auf die drei häufigsten gegen die materialistische Geschichtsauffassung angeführten Argu-mente des Post-Marxismus: Erstens der „ökonomische Re-duktionismus“, zweitens der „Klassenreduktionismus“ und drittens die „Teleologie“. Dabei betont die Autorin, dass sich Linksintellektuelle mit dem Siegeszug des westlichen Modells bürgerlich-parlamentarischer Demokratien nach dem Zwei-ten Weltkrieg in die abstrakten Nebelhöhen des Postmarxis-mus flüchteten, der ihnen als einzig mögliche Antwort auf das historische Scheitern des „realen Sozialismus“ erschien. Der Beitrag entkräftet mithin antimarxistische Argumente und plä-diert für eine gewissenhafte Auslegung des marxschen Œuvres.Elisabeth Theresia Widmer skizziert daran anschlie-ßend und mit Sorgfalt die politische Philosophie der Marburger Schule Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts. Denn im Kontrast zu den rechtskonservativen Intellektuellen dieser Zeit nahm der an Kant orientierte Marburger Linkskantianismus eine Sonderstellung ein. Als politisch progressive Strömung richtete sich diese Denkschule gegen den Trend, Marxis-mus und Sozialismus zum Sündenbock zu stilisieren. Wid-mer bietet Aufschlüsse in interne Diskussionen der Marbur-ger Linkskantianer und zeichnet den Weg der Strömung in den Untergang nach dem Ersten Weltkrieg nach. Dabei lie-fert sie erkenntnisreiche Einblicke in die internen Diskussio-nen der „Marburger“, situiert die gesamte Denkrichtung im philosophischen und historischen Kontext der Zeit und führt ihr Scheitern nach dem Ersten Weltkrieg auf den kulturellen Chauvinismus zurück, der ihr Denken begleitete. Die Rekon-struktion dieser Schule des Neukantianismus ist auch deshalb für Sozialdemokrat*innen von großem Interesse, weil gerade der Austromarxismus als Kantianismus begriffen werden muss.Dieses Zusammenfallen von Kantianismus und Marxismus inspiriert auch den Beitrag von Alessandro Barberi, wenn der Versuch unternommen wird, angesichts der fehlenden so-zialdemokratischen Außenpolitik eine progressive Program-matik herauszuarbeiten. Denn die Verwerfung(en) von Aus-trokantianismus und Austromarxismus im Rahmen der letzten 30 Jahre liegen eindeutig parallel zum (ideologischen und politi-schen) Niedergang der Sozialdemokratie, die heute nur mehr auf ihre historischen Erfolge zurückblicken kann. Der Bei-trag fordert daher einen progressiven Rückgriff auf die her-ausragenden Bestände des Austromarxismus, um der histori-schen Mission der Sozialdemokratie auch im Rahmen einer international(istisch)en Außenpolitik gerecht zu werden. Die österreichische Sozialdemokratie hatte und hätte nach dem hier Diskutierten also ein fortschrittliches und deutlich lin-kes mission statement … Back to the roots! Back to the future!Wenn die bisherigen Beiträge theoretische Belange des Post/Marxismus diskutieren, dann liegt mit dem Beitrag von Peter Pawlicki eine durchaus marxistisch relevante Analy-se gegenwärtiger Produktionsbedingungen vor. Denn an-gesichts der zunehmenden Digitalisierung – etwa in unse-ren Bildungsinstitutionen – beschäftigt sich der Autor mit den Hintergründen des Gerätekaufs und den vielfältigen Aspekten der derzeitigen und zukünftig gewünschten Ar-beitsbedingungen in der Fertigung digitaler Endgeräte. Ge-rade aus marxistischer Sicht ist deshalb eine Auseinanderset-zung mit den Produktionsbedingungen der Digitalisierung unumgänglich. Dies betrifft nicht zuletzt die „Geräteini-tiative“ als Teil des 8-Punkte-Plans für die Digitalisierung der österreichischen Schulen durch das BMBWF. Hier eröff-nen sich für Bildungsinstitutionen, die sich dem UNESCO-Weltzukunftsvertrag  Agenda 2030 verpflichten, vielfälti-ge Aspekte, auf die der Beitrag aufmerksam machen möchte.Die Redaktion der ZUKUNFT hat – wie unsere Leser*innen sicherlich im letzten Jahr bemerkt haben – ein besonderes Au-genmerk auf das Verhältnis von Politik und Literatur gelegt. In diesem Sinne möchten wir schon im Editorial darauf verweisen, dass der stellvertretende Chefredakteur Thomas Ballhausen im Blick auf das Thema Post/Marxismus in diesem Heft einen seiner literarischen Texte präsentiert. So schließt Der Krieg der Eigennamen ganz vorsätzlich an Poststrukturalismus und Post-marxismus an und liefert Einblicke in ein Prosaprojekt, das mit großer Aktualität Literatur und Theorie zusammenbringt.Auch freut es die Redaktion der ZUKUNFT sehr, dass sie mit  BenchMarking – Colours of Love im Rahmen der ak-tuellen Bildstrecke ein bemerkenswertes Projekt vorstel-len kann: Was machen Farben mit uns – und wie können wir in der Auseinandersetzung damit lernen und uns so-wie unsere Umgebung verändern? Die Initiative BenchMar-king, die auf eine Idee des Landtagsabgeordneten Marcus Schober und des Schauspielers Harald Krassnitzer zurück-geht, gestaltet unter der künstlerischen Leitung von Karl Ki-lian gemeinsam mit Wiener*innen, Künstler*innen und al-len Interessierten den öffentlichen Raum in Wien und bemalt 


 4 | ZUKUNFT Parkbänke in ästhetisch und politisch anspruchsvoller Wei-se. Unser Online-Redakteur Bernd Herger, der Projektlei-ter der Initiative, hat dazu auch einen kurzen Beitrag verfasst, der uns zum traurigen Abschluss unserer Ausgabe führt …Denn zum Ende hin bleibt uns die erschütternde Nach-richt vom viel zu frühen Ableben Caspar Einems, der sich unter vielem anderen als langjähriger Chefredakteur der  ZUKUNFT mehr als verdient gemacht hat. Der Nach-ruf von Emil Goldberg erinnert an die vielfältigen Tä-tigkeiten eines Mentors und Freundes der ZUKUNFT, des-sen Ideen, Anregungen und Argumente uns allen fehlen werden. Deshalb widmen wir diese Ausgabe seinem An-denken und vermissen auch im Blick auf den Post/Marxis-mus seine Expertise und vor allem seine Menschlichkeit …Es grüßen im Namen der RedaktionALESSANDRO BARBERI  und JULIA BRANDSTÄTTER ALESSANDRO BARBERI ist Chefredakteur der ZUKUNFT, Bildungswissenschaftler, Medien­pädagoge und Privatdozent. Er lebt und arbeitet in Magdeburg und Wien. Politisch ist er in der SPÖ Landstraße aktiv. Weitere Infos und Texte online unter: https://lpm.medienbildung.ovgu.de/team/barberi/JULIA BRANDSTÄTTER ist Mitarbeiterin in der Dauerausstellung Das Rote Wien im  Waschsalon Karl­Marx­Hof und forscht im Rahmen ihres  Dissertationsprojekts an der Schnittstelle von Widerstand, Exil und Wissenschaftsgeschichte.


 ZUKUNFT | 5 Inhalt6    Lebensstil Klasse   VON DANIEL LEHNER12    „Linke Erzählung“ oder Klassenkampf?   VON YOLA KIPCAK18    Post-Marxismus vs. Marxismus  VON JULIA BRANDSTÄTTER24    Der Marburger Linkskantianismus  VON ELISABETH THERESIA WIDMER32    Sozialdemokratie – Eine historische Mission … ?   VON ALESSANDRO BARBERI38    Hardware – Hintergründe zum Gerätekauf     an Bildungsinstitutionen   VON PETER PAWLICKI46    Der Krieg der Eigennamen   VON THOMAS BALLHAUSEN48    BenchMarking – Colours of Love   VON BERND HERGER 50    Caspar Einem 1948–2021 – Mut zur Haltung   VON EMIL GOLDBERGBENCHMARKING – COLOURS OF LOVEBANK GESTALTET VON BERND HERGER, KARL KILIAN,  SVEN RADISCH UND DRAGAN VELIC, ORT PRATER HAUPTALLEE  VOR DER STERNWARTEALLE FOTOS IN DIESER AUSGABE:  THOMAS PESCHAT (SEPTEMBER 2020 BIS SEPTEMBER 2021)IMPRESSUM Herausgeber: Gesellschaft zur Herausgabe der Zeitschrift »Zukunft«, 1110 Wien, Kaiserebersdorferstraße 305/3 Verlag und Anzeigenannahme: VA Verlag GmbH, 1110 Wien, Kaiserebersdorferstraße 305/3, Mail: office@vaverlag.at Chefredaktion: Alessandro Barberi Stellvertretende Chefredaktion: Thomas Ballhausen Redaktionsassistenz: Bianca Burger Redaktion: Julia Brandstätter, Hemma Prainsack, Katharina Ranz, Constantin Weinstabl Online-Redaktion: Bernd Herger  Mail an die Redaktion: redaktion@diezukunft.at Cover: BenchMarking – Colours of Love, Bank gestaltet von Bernd Herger, Karl Kilian, Sven Radisch und Dragan Velic, Ort: Prater Hauptallee vor der Sternwarte – Namentlich gekennzeichnete Beiträge sind urheberrechtlich geschützt und stellen nicht immer die Meinung von Redaktion, Herausgeber*innen und Verlag dar.


 6 | ZUKUNFT Der Beitrag von DANIEL LEHNER unternimmt den Versuch, aus einer poststrukturalistisch informierten Position heraus Licht in die medialen Debatten um eine sogenannte (linke) Identitätspolitik zu bringen, wobei der Rückgriff auf einen marxis­tischen Klassenbegriff und das Starkmachen von Gleichheit jene kulturalistischen Sackgassen aufbrechen kann, in die auch die Kritik an ebendieser identity politics ständig geraten.Lebensstil Klasse LEBENSSTIL KLASSE VON DANIEL LEHNERI. EINLEITUNGAn sich ganz einfach: Jede politische Praxis bildet Identität aus, ein Verständnis ihrer selbst, welche immer auch in Ab-arbeitung an und in Differenz zu anderen, gegnerischen Akteur*innen geformt wird, aber nie in diesem relationalen Gefüge gänzlich aufgeht. Auch, weil die politische Identität als Selbstverständnis immer mehr ist als bloßer Text: Ritus, Archiv, selbstverständlicher Horizont und all das eingelassen in Strukturen, Abläufe, Verhältnisse und Staatsapparate. Diese Identitäten werden im politischen Handgemenge verkörpert und vorgetragen in einer Arena, die ein Ringen um Macht, Sichtbarkeit und Herrschaft darstellt. Politische Identität ist das, was als selbstverständlicher Bezugsrahmen, als gemein-sames Gedächtnis und Denken jene bindet, die Teil dieser Praxen sind. Ein Spiel aus Fremd- und Selbstwahrnehmung und Grenzziehungen. Politische Identifikation ist Benennung, Fixierung und Verortung, aber auch die Zurückweisung von zugeschriebenen Identitäten entkommt nicht diesem macht-vollen Spiel aus Ent-/Identifizierung. II.  IDENTITY POLITICS?Was politische Praxis gegenüber anderen Praktiken ausmacht? Dass sie selbst in ihrem hegemonialen Ringen um Staats-macht auf soziale Identitäten zurückgreift, diese in der Arena mobilisiert und dergestalt Konflikte zur Aufführung bringt, in denen polemisch und anmaßend zugleich ein Kampf um jene „Sicht- und Teilungsprinzipien“ (Bourdieu 2013) statt-findet, die als legitim in die Staatsapparate eingeschrieben und gesellschaftlich durchgesetzt werden wollen. Politik ist die In-Szene-Setzung von Identitäten, sei es als Ressource für Ansprüche, als Differenzmarkierung oder auch als Bruch mit ebendiesen sozialen Identitäten, indem Name und Raum für Neues gesetzt wird. Da wird kategorisiert, eingeteilt, ab-, ein- und ausgegrenzt, sichtbar und unsichtbar gemacht, ab- und aufgewertet, was das Zeug hält: Politik ist der Kampf um Wahrnehmungsmuster und Ordnungskategorien, mittels de-rer Gesellschaft sich auch selbst liest und verständlich machen will. Auch darüber werden Identitäten geschaffen, verhandelt und verändert.Wenn also jede Politik Identitätspolitik ist, weil sie nicht nur ihre Identität re/produziert, sondern auch soziale Identi-täten und Kategorien buchstäblich in Stellung bringt: Was soll dann jene Identitätspolitik sein, von der prioritär im rechts-konservativen Feuilleton die Rede ist? Was ist die Praxis je-ner identity politics, die auch in sozialdemokratische Milieus als negative Folie und Projektionsfläche hineinwabert? Natürlich, hierzulande ist diese „Debatte“ gleichzeitig Symptom einer Macht- und Orientierungslosigkeit, Ausdruck oppositionel-ler Schwäche und Vehikel für innerparteiliche Ränkespiele. Trotzdem: Es gibt ein Unbehagen an manchen politischen Praktiken, die zurecht ob ihrer Reichweite und Wirklosigkeit zu kritisieren sind. Gleichzeitig gerät die Kritik daran, beson-ders wenn Identitätspolitik als schwammiger „Kampfbegriff“ (Hausbichler 2021) selbstgerecht vor sich hergetragen wird, politisch in reaktionäres Fahrwasser, weil hier Gefahr gelaufen wird – so die These – selbst über eine paternalistische Sub-stanzialisierung von Gesellschaft zu betreiben, was man den Gegner*innen unterstellt: identity politics. Man endet wieder-um in einer Kulturalisierung von Lebensstilen und der Essen-tialisierung sozialer Wirklichkeit, wenn man durch die bloße Anrufung „des Sozialen“ oder „des Arbeiters“ – als das prä-ferierte Andere einer diffus bleibenden Identitätspolitik – ge-rade das zu verhindern glaubte. Den Ausweg aus diesen iden-


titätslogischen Benennungs- und Abgrenzungszirkeln bieten ein offensives Verständnis von Gleichheit und der marxsche Klassenbegriff. III.  WHO IS YOUR ENEMY?Wort und Raum ergreifen. Eine Ungerechtigkeit zur Spra-che bringen. Den Konflikt annehmen, aushalten und auch die räumliche Verortung, die Funktion und die Identität zurück-weisen (oder auch ironisch überaffirmieren), die einen auch zu dem gemacht hat, was man aus herrschaftlicher Sicht zu sein hat und am besten immer sein soll: Emanzipatorische Politik bringt soziale Verhältnisse nicht nur zur Aufführung und zum Tanzen, sondern sie besteht in der Politisierung gesellschaftlicher Machtverhältnisse. Diese Politik greift ein, reklamiert Rechte für Entrechtete und Autonomie für Un-terdrückte. Für sich, für andere und auch für alle. Politische Bewegungen problematisieren eine herrschende „Aufteilung des Sinnlichen“ (Rancière 2016). Sie formulieren Ansprüche bisher Anspruchsloser und setzen Gleichheit, wodurch Un-gleichheit und Ungerechtigkeiten erst benennbar werden.Eine solche Politik ist nie Angelegenheit Einzelner. Auch deshalb verstört ein aktivistischer Zugang, der nur mehr die eigene Betroffenheit als legitimen Ausgangspunkt für dies Sprechen durchgehen lässt. Über Verwundungen, Diskrimi-nierung und Benachteiligung darf reden, wer Erfahrung ge-macht habe. Legitimität erwächst hier aus dem authentischen Erlebnis, wodurch blinde Flecken des Einzelnen, soziologi-sches Mehr-Wissen, Erfahrungen aus vergangenen Kämp-fen und theoretische Grundausrüstung vernachlässigt wer-den. Die anderen sollen ihre Privilegien checken, vor allem zuhören und daran arbeiten, ein guter ally zu werden (Dean 2021). Wenn es als anmaßend zurückgewiesen wird, für an-dere oder auch im Interesse aller das Wort zu ergreifen, gerät durch den explorativen Fokus auf das individuelle Selbst und dessen Identitätsbeschädigungen aus dem Blick, was Gegen-stand emanzipatorischer Politik ist: Aufbau von gesellschaft-licher „Gegenmacht“ (Lehner 2018) und Transformation von gesellschaftlichen Ungleichheitsverhältnissen.Wenn Haltung Drang nach Staatsmacht ersetzt. Wenn Fragen der begrifflichen Bezeichnung mehr Aufmerksam-keit generieren als die Analyse des Bezeichneten. Wenn Wör-ter nichts mehr zur Sprache bringen, sondern als Distinkti-onsgesten dienen. Wenn die epistemologische Privilegierung von Betroffenheit den Willen zur Macht unterminiert. Wenn Empfindsamkeit immer gegen jede Form von Stärke ge-winnt – dann kippt Aktivismus in eine politische Nabelschau, die sich einschreibt in eine narzisstische Alltagskultur, in der sich alles um das Selbst, Meinungen und mögliche Beleidi-gungen dreht. Wer Repräsentation als Anmaßung ablehnt, Herrschaftsstrukturen nur mehr als Ansammlung von Privi-legien und Diskriminierungen decodiert und dabei auf eine Aufmerksamkeitsökonomie trifft, die jeden Konflikt gegen-über dem Suchen nach gemeinsamen Gründen bevorzugt, kann keine Wirkmächtigkeit mehr entfalten, die Herrschaft gefährdet.Auch wenn von der intersektionalen Aufforderung, die verschiedenen Achsen der Ungleichheit (Klasse, Geschlecht, Race), die die bürgerlich-kapitalistische Gesellschaft durch-ziehen, sich wechselseitig durchdringen, in den Staatsappa-raten verdichten und darüber auch reproduzieren, wenn von dieser Aufforderung, ebendiese wechselseitige Durchdringung historisch materialistisch zu bearbeiten, nur die individuel-le Addition von Diskriminierungserfahrungen bleibt – dann ist Einspruch zu liefern. Besonders dann, wenn die Beschäf-tigung mit Klassenverhältnissen nur mehr als schichtspezifi-sche Abwertung (Klassismus) auftaucht. Und es braucht the-oretische Gegenwehr, wenn diese Praktiken gar nicht mehr versuchen, Gleichstellung, Anerkennung, Teilhabe und glei-che Rechte für sich (und damit alle) durchzusetzen, sondern einzig auf Verteidigung, Ermächtigung und Abgrenzung je spezifischer Identität und Partikularität abstellen. Das ist der Fall, wenn der Rahmen nicht mehr die „Durchsetzung jenes Gleichheitsversprechens der liberalen Demokratie ist, wonach es keine Diskriminierung aufgrund von Herkunft, Hautfar-be, sexueller Orientierung oder Geschlecht geben darf“ (Mau 2021), sondern die Praxis einem „Kulturessentialismus“ (ebd.) Vorschub leistet, welcher Identität als unveränderlich (voraus)setzt. Werden über begriffliche Abgrenzungen und politische Schismen die Gruppen, für die man zu sprechen gedenkt, im-mer kleiner, weil auch dies politische Denken jede Universali-sierung skeptisch beäugt und jede größere Gemeinschaft bald mal unter Totalitarismusverdacht stellt, ist der Weg in einen regressiven „Identitätsseparatismus“ (ebd.) nicht weit.IV.  BRING PEOPLE TOGETHERSolch identitätspolitische Sackgassen mag es innerhalb von politischen Bewegungen geben. Die überschießenden Mo-mente. Der Fokus auf Repräsentation und Sichtbarkeit. Das Abstellen auf bloß ein Identitätsmerkmal. Haltung statt Or- ZUKUNFT | 7 


 8 | ZUKUNFT LEBENSSTIL KLASSE VON DANIEL LEHNERganisation. Der begriffliche Übereifer, mit dem US-akademi-sche Debatten ohne Vermittlung eingemeindet werden. Auch eine „toxische Leidenschaft“ (Misik 2021), die kleinen Auffas-sungsunterschiede unter Mitstreiter*innen zu grundsätzlicher Gegner*innenschaft auswachsen lässt. All das fördert Resigna-tion und Unverständlichkeit, wobei viel von dem berechtig-ten Misstrauen gegenüber den oben skizzierten Spielarten po-litischer Praxis darin begründet liegt, dass sie Ausdruck von Beschränktheiten liberaler Politik sind, die gar nicht mehr in die Nähe von emanzipatorischer Klassenpolitik kommen, sondern als Teil eines „progressiven Neoliberalismus“ (Fraser 2017) die Sache des Kapitals affirmativ aufhübschen.Nur: Wo gibt es hierzulande linke Identitätspolitik? Ist deren unterstellte Mächtigkeit nicht ein einziges Phantasma konservativer Medien? Ein Nachtrauern kultureller Hege-monie und der Versuch in progressive Milieus hineinzuspal-ten, in dem eine Differenz zwischen dem Einsatz für Men-schenrechte, Geschlechtergleichstellung, Antirassismus, etc. und dem Eintreten für soziale Gleichheit und Gerechtigkeit aufgemacht wird? Problematisch wird es dann, wenn diese konservative Differenz selbst aufgegriffen und der Einsatz für ersteres als Mitgrund für das Ausbleiben von zweiterem an-gegeben wird. „Identitätspolitik“ – meist undefiniert – dient dann als polemisches Abgrenzungsmerkmal um einzufor-dern, was die eigene Machtlosigkeit überwinden soll: die so-ziale Frage. Am Horizont erscheint dann oft der fordistische Arbeiter, den man verloren glaubt und dadurch zurückholen gedenkt, im dem man ihm in paternalistischer Weise einen antifeministischen, rassistischen Alltagsverstand andichtet und gleichsam unterstellt, er könne das Eintreten für bessere Le-bens- und Arbeitsbedingungen, höhere Löhne und ökonomi-sche Gleichstellung nicht mit dem Einsatz für Respekt, An-tidiskriminierung und Anerkennung stolz zusammenbringen. Denn genau beides hat erfolgreiche Arbeiter*innenbewegung immer ausgemacht: „Wenn heute gerne behauptet wird, ‚die Linken‘, ‚die Progressiven‘, ‚die Sozialdemokraten‘, wären in Anhänger der ,Identitätspolitik‘ und in Anhänger einer ,sozialpolitischen Orientierung auf die normalen, einfachen Leute‘ zerrissen, dann relativiert sich das also alleine schon, wenn man diese Geschichte vor Augen hat.“ (Misik 2021)So sehr Fragen parteipolitischer Taktiererei und themati-scher Priorisierung legitim sein mögen, so sehr gerät die Ab-wertung und Vernachlässigung einer dieser Seiten derselben Medaille, desselben emanzipatorischen Ringens, in regressi-ves Fahrwasser. Wirklich reaktionär wird die scheinbare Kritik an sogenannter Identitätspolitik, wenn als deren Gegenüber nicht nur einer Reproletarisierung das Wort geredet wird – wieder ein Weiterkreisen um Differenz und Identität –, son-dern wenn mit dem Raunen gegen ominöse „Lifestyle-Lin-ke“ das nationalkonservative Geschäft gleich selbst betrieben wird: Die bewegte moderne Stadt als Hort der Destabilisie-rung von gemeinschaftlicher Übersichtlichkeit und natürli-cher Hierarchie. Und von da ist der Weg nicht weit in eine Abwehrhaltung gegenüber Migration, als deren Durchsetzer man irgendwelche linksliberale Globalisten in den Städten – wo sonst – vermutet. Wieder: Überall Kultur und Identität statt Klassenkampf und egalitärer Ermächtigung.Wie also die Sackgassen identitätspolitischer Praxis ver-meiden und die gefährlichen Tümpel der Kritik darin um-schiffen? Erstens: Klasse statt Schicht. Diesen basalen sozialwis-senschaftlichen Unterschied aufgreifen. Nicht verschiedene Lebensstile oder Identitätsmarker ab- oder aufwerten oder gar zum Ausgangspunkt für Praxis machen, sondern dort Ge-meinsamkeit entwickeln, wovon wirklich alle betroffen sind: der Notwendigkeit die Arbeitskraft zu verkaufen. Klasse und Ökonomie statt Identität und Kulturalisierung. Verschiedene Einsätze für Gerechtigkeit, Anerkennung, Respekt und Frei-heit finden locker entlang einer Verständlichkeit, einer breiten Genoss*innenschaft und verbindenden Klassenpolitik zusam-men. Während ein „Ja, aber“ Energie raubt und oft erst Dif-ferenzen aufmacht, über deren Belanglosigkeit man sich erst später verständigt, lebt gewinnende emanzipatorische Poli-tik von einem „sowohl als auch“. Gelassenheit und die wirk-lichen politischen Gegner*innen nicht aus den Augen ver-lieren. Damit diese verschiedenen sinnvollen Politiken nicht selbst in Unübersichtlichkeit, normative Obdachlosigkeit oder interne Hierarchisierungsrangeleien abrutschen, braucht es, zweitens, mit Gleichheit einen Kitt, der den emanzipatori-schen Horizont grundiert und den steten Einsatz gegen Klas-sengesellschaft, Ungleichheit und Ungleichbehandlung glei-chermaßen umfasst. DANIEL LEHNER hat Soziologie und Politikwissenschaft studiert, ist Vorsitzender des BSA Ottakring und arbeitet aktuell als parlamentarischer Mitarbeiter im  österreichischen  Nationalrat.


 ZUKUNFT | 9 LiteraturBourdieu, Pierre (2013): Politik. Schriften zur Politischen Ökonomie 2, Berlin: Suhrkamp.Dean, Jodi (2021): Genossen! Berlin: Wagenbach.Fraser, Nancy (2017): Für eine neue Linke oder: Das Ende des progressiven Neoliberalismus, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 2017/02, online unter: https://www.blaetter.de/ausgabe/2017/febru-ar/fuer-eine-neue-linke-oder-das-ende-des-progressiven-neolibera-lismus (letzter Zugriff: 01.09.2021).Hausbichler, Beate (2021): Warum „Identitätspolitik“ immer mehr zum Kampf begriff wird, DerStandard, online unter: https://www.der-standard.at/story/2000127606861/warum-identitaetspolitik-immer-mehr-zum-kampf begriff-wird (letzter Zugriff: 01.09.2021).Lehner, Daniel (2018): Gegenmacht auf bauen, Zukunft 2018, Nr. 08_09, 14–18.Mau, Steffen (2021): Wut kann Impulse setzen, aber keine Probleme bear-beiten, online unter: https://www.philomag.de/artikel/steffen-mau-wut-kann-impulse-setzen-aber-keine-probleme-bearbeiten (letzter Zugriff: 01.09.2021).Misik, Robert (2021): Der Malocher und die Woken, NZZ, online unter: https://misik.at/2021/06/der-malocher-und-die-woken/ (letzter Zu-griff: 01.09.2021).Rancière, Jacques (2008): Die Aufteilung des Sinnlichen. Berlin: bbooks.


 10 | ZUKUNFT BenchMarking – Colours of Love Bank gestaltet von Teilnehmer*innen des Projekts, Ort: Donaukanal, 2. Bezirk auf Höhe Urania 


 ZUKUNFT | 11 BENCHMARKING – COLOURS OF LOVEBenchMarking – Colours of Love Bank gestaltet von Teilnehmer*innen des Projekts, Ort: Donaukanal, 2. Bezirk


 12 | ZUKUNFT „LINKE ERZÄHLUNG“ ODER KLASSENKAMPF? VON YOLA KIPCAK„Linke Erzählung“ oder Klassenkampf?„Die Linke braucht eine neue Erzählung“ – dieser Gedanke beschäftigt viele Linke in Österreich und weltweit bei dem Ver­such, eine neue Alternative zu den herrschenden bürgerlichen Parteien aufzubauen. Was steckt hinter dem Konzept eines „neuen Narrativs“? Und welche praktischen Konsequenzen hat es auf die Frage von Staat und Revolution? YOLA KIPCAK erklärt in diesem Zusammenhang, warum Wortspiele kein Ersatz für den Klassenkampf sind.I.  „LINKE ERZÄHLUNG“ ODER KLASSENKAMPF?Das Konzept der linken Erzählung geistert zwar schon seit einigen Jahrzehnten an den Universitäten herum, erlang-te jedoch Popularität, als neue linke Parteien wie Syriza in Griechenland und Podemos in Spanien einen plötzlichen Auf-schwung erlebten und sich wichtige Proponent*innen dieser Parteien auf die Idee der linken Erzählung beriefen. Eine ihrer wichtigsten Ideengeber*innen ist die belgische Politikwis-senschafterin Chantal Mouffe. Sie geht dabei davon aus, dass die Realität aus Erzählungen, d. h. aus Geschichten, gemacht wird. Wenn Politiker*innen es schaffen würden, die Erfah-rung von Menschen in packende Geschichten und „Rahmen-erzählungen“ zu gießen, dann beeinflusse dies das Handeln der Menschen und schaffe die Realität.Das heißt, dass hiernach die Realität nicht aus objektiven, materiellen Tatsachen besteht, die unsere Ideen erschaffen, sondern umgekehrt, dass Ideen die Welt modellieren. Dar-aus fließt, dass es auch keine Klassen in der Gesellschaft geben soll. Die Arbeiter*innenklasse sei nur eine von vielen Identi-täten, die von Erzählungen, von Diskursen und Sprache, ge-schaffen werde: „Kollektive politische Subjekte entstehen erst durch Repräsentation; vorher existieren sie gar nicht“ (Mouf-fe 2018: 69).In diesem Kontext ist ein Exponent dieser Ideen im Rahmen der österreichischen Sozialdemokratie, Max Lercher, zu verste-hen, als er 2019 über eine Parteineugründung der SPÖ sagte:„Was hatte ein tschechischer Industriearbeiter schon mit einem steirischen Bergarbeiter gemeinsam? Was eine Wiener Sozialreformerin mit einem ungarischen Radikalsozialisten? … Wir sind ja alle verschiedene Menschen und sehen vieles anders. Das ist gut und richtig so. In Hainfeld [dem Grün-dungsort der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei 1888, Y. K.] konnte man sich aber auf einige zentrale gemeinsame Ideen ei-nigen, hinter die sich alle stellen konnten. Und man gründete eine Partei, die diese Ideen durchsetzen sollte.“ (Lercher 2019)Max Lercher betont an anderer Stelle: „Zur neuen Arbei-terklasse gehören jene, die aufgrund des Systems nicht gerecht am Wohlstand partizipieren. Dazu gehören auch Klein- und Mittelbetriebe. Da lässt sich eine neue Konfliktlinie definie-ren“ (Lercher 2019a).Zunächst ist hier bemerkenswert, dass für Lercher die Grundlage der Einheit nicht in gemeinsamen Klasseninteres-sen liegt, sondern in Ideen. Und zweitens sind für ihn die Konfliktlinien in der Gesellschaft nicht objektiv gegebene Tatsachen, sondern können „definiert“ werden, sodass plötz-lich „klein- und mittelgroße“ Kapitalist*innen auch Teil der Arbeiter*innenklasse sind!Aus marxistischer Sicht haben ein tschechischer und ein steirischer Arbeiter sehr viel gemeinsam – sie verrichten näm-lich beide Lohnarbeit, werden von Kapitalist*innen ausge-beutet, und sind daher objektiv Teil der Arbeiter*innenklasse. Geht man aber umgekehrt davon aus, dass erst eine packende, emotionale Geschichte die Identitäten von Menschen konst-ruiert, heißt das in weiterer Folge auch, dass der Kapitalismus selbst nicht durch Klassenkampf gegen die Kapitalist*innen bekämpft werden kann, sondern dadurch, dass man eine neue Geschichte schreibt, die dann in den Köpfen der Menschen 


 ZUKUNFT | 13 mächtig (hegemonial) wird. Wie Mouffe schreibt: „Jede Ord-nung kann daher durch antihegemoniale Praktiken infrage gestellt werden, die versuchen, sie zu reartikulieren“ (Mouffe 2018: 101; eigene Hervorhebung).In Wahrheit bedeutet dies jedoch, dass eine Revoluti-on – ein Bruch mit dem herrschenden System – abgelehnt wird. Wenn man sehr mutig ist, solle man zwar den Kapi-talismus „ansprechen“, ihn zu beseitigen liegt den linken Erzähler*innen jedoch fern. Diese idealistische Konzeption tritt insbesondere in der Staatsfrage deutlich hervor.II.  „ZUM STAAT WERDEN“Die Hauptorientierung der „linken Erzähler*innen“ liegt nicht auf Klassenkampf und Sturz des Kapitalismus, sondern auf demokratischen Forderungen.„Wir müssen mehr Demokratie wagen“, schreibt Max Lercher (Lercher 2019). Die ehemalige Vorsitzende der Sozia-listischen Jugend Österreich und derzeitige SPÖ-Parlamentarierin Julia Herr meint: „Die Sozialdemokratie hat in den 1970er-Jahren dafür gekämpft, das Wirtschaftssystem zu demokrati-sieren und den Wohlstand, der erarbeitet wird, fair zu vertei-len. Da haben wir einfach irgendwann den Mumm verloren“ (Herr 2019).Mouffe erklärt: „Die von uns verfochtene ‚radikale und plurale Demokratie‘ lässt sich daher als eine Radikalisierung der bestehenden demokratischen Institutionen beschreiben […]“ (Mouffe 2018: 52).Die Perspektive, die hier präsentiert wird, ist die des Sta-tus quo. Der existente Überbau der „demokratischen“ Insti-tutionen, die sich immer wieder als im Sinne der herrschen-den Klasse manipuliert erwiesen haben, soll nicht abgeschafft, sondern „verbessert“ werden. Gleichzeitig wird aber der wah-re Grund für die Ungleichheit und die Ausbeutung – nämlich der Kapitalismus – nicht einmal als solcher anerkannt.Hier zeigt sich die zentrale Spaltungslinie in den unter-schiedlichen Auffassungen vom Staat und seinen sogenannten „demokratischen Institutionen“ zwischen den Marxist*innen und den linken Erzähler*innen. Letztere beschreiben den Staat als„[…] Kristallisation der Machtverhältnisse und als um-kämpftes Terrain. […] Als Plattform für agonistische Inter-ventionen begriffen, können diese öffentlichen Räume das Terrain für wichtige demokratische Fortschritte darstellen. Deshalb sollte sich eine hegemoniale Strategie mit den ver-schiedenen Staatsapparaten auseinandersetzen, um sie umzu-gestalten und den Staat so zu einem Vehikel für den Ausdruck einer Vielzahl demokratischer Forderungen zu machen. […] In gewissem Sinne kann man sowohl die revolutionäre wie auch die hegemoniale Form von Politik als ‚radikal‘ bezeich-nen, implizieren doch beide eine Art Bruch mit der beste-henden hegemonialen Ordnung. Allerdings ist dieser Bruch unterschiedlicher Natur, und daher ist es unangemessen, bei-de – wie es so häufig geschieht – unter der Überschrift ‚links-extrem‘ in ein und dieselbe Kategorie einzuordnen. Anders als so oft behauptet wird, ist die linkspopulistische Strate-gie kein Avatar für die ‚extreme Linke‘, sondern eine unter-schiedliche Methode, den Bruch mit dem Neoliberalismus und die Restituierung und Radikalisierung der Demokratie anzustreben“ (Ebd.: 59f.).Wie wir sehen, unterscheidet Mouffe klar zwischen einem „revolutionären“ und ihrem eigenen Ansatz, den sie „hegemo-nial“ nennt. Für sie ist der Staat ein Netzwerk aus Institutionen und „Funktionen“, die nicht Ausdruck von gleichen Interessen sind. Daher gibt es für sie Handlungsspielraum, um zu manöv-rieren, diese Institutionen und Funktionen mittels des Linkspo-pulismus zu beeinflussen, zu transformieren und zu verschieben.Für Marxist*innen auf der anderen Seite ist der Staat kein neutrales Terrain des Kampfes, sondern ein Instrument der herrschenden Klasse, das zerschlagen und durch einen Arbeiter*innenstaat ersetzt werden muss. Haben wir erstmal die alte, kapitalistische Ordnung unterdrückt und den Bo-den für eine klassenlose, kommunistische Gesellschaft bereitet, wird dieser Arbeiter*innenstaat gemeinsam mit den Klassen in der Gesellschaft absterben. Diese Ansicht wird von post-modernen Theoretiker*innen wie Mouffe lächerlich gemacht und als zu vereinfacht dargestellt.Natürlich ist die Tatsache, dass der Staat ein Unterdrü-ckungsinstrument der herrschenden Klasse ist, nicht im-mer klar ersichtlich. Sein wahrer Charakter wird von den Kapitalist*innen ständig verschleiert. Es wäre für das Kapital unmöglich, ganz zu schweigen von ineffizient, allein durch Gewalt und Repression zu herrschen. Die Unterdrück-ten bilden die Mehrheit der Gesellschaft. Würde die Mehr-heit der Gesellschaft sich dieser Tatsache bewusst, blickte die kapitalistische Gesellschaft ihrem eigenen Untergang ins Gesicht.


 14 | ZUKUNFT „LINKE ERZÄHLUNG“ ODER KLASSENKAMPF? VON YOLA KIPCAKIn normalen Zeiten versucht die herrschende Klasse, so-fern sie es sich leisten kann, den Schein der Gerechtigkeit, der „Chancengleichheit“ etc. zu wahren. Die Kapitalist*innen ziehen daher im Allgemeinen Staaten mit freien Wahlen, ei-ner gewissen Pressefreiheit, einem Mehrparteiensystem usw. vor. Solche Staaten bieten einen gewissen Handlungsspiel-raum. Doch unter keinen Umständen wird die herrschen-de Klasse zulassen, dass ihre fundamentale Rolle als Eigentü-merin der Produktionsmittel herausgefordert wird. Der Staat existiert, um genau das sicherzustellen.Die Form eines Regimes, die Ausformung des Staatsap-parats, beeinflusst, wie viel Freiheit und Rechte die Men-schen haben. Daher hat der Kampf für demokratische For-derungen, wie zum Beispiel das allgemeine und gleiche Wahlrecht, auch so eine wichtige Rolle in der Geschich-te der revolutionären Bewegungen gespielt. Marxist*innen stellen und unterstützen konsequent demokratische Forde-rungen, die die Mehrheit der Gesellschaft gegen die herr-schende Klasse mobilisieren können und die Einheit der Unterdrückten und Ausgebeuteten stärken, was wieder-um günstige Bedingungen für die Entwicklung des Klassen-kampfes schafft.Marxist*innen schauen auch nicht auf demokratische Wahlen herab oder ignorieren diese. Revolutionär*innen können Wahlen und parlamentarische Repräsentation nützen, um revolutionäre politische Ideen einem Massenpublikum zu präsentieren. Wahlen können auch dazu genutzt werden, die Heuchelei der Kapitalistenklasse und ihrer Institutionen zu entlarven. Wenn beispielsweise Revolutionär*innen im Par-lament verlangen würden, dass wirkliche Gleichheit und sozi-ale Gerechtigkeit durchgesetzt werden sollen, indem man die Großindustrie und die Banken enteignet – d. h. indem man das Eigentum an den Produktionsmitteln der Kapitalist*innen herausfordert – so würde das gesamte Establishment sein Gewicht in die Waagschale werfen, um diese Forderung abzuwehren.Wenn notwendig, werden sie die „Demokratie“ und Mehrheitsverhältnisse im Parlament übergehen und ihr gan-zes Gerede von Freiheit vergessen, um den Kapitalismus zu retten, wie es auch immer wieder geschehen ist und ge-schieht. Würden Revolutionär*innen an diesem Punkt ein-fach stehenbleiben, die Hände über dem Kopf zusammen-schlagen und sagen „was soll man machen, wir haben eben den Kampf um die Hegemonie innerhalb des Staats noch nicht gewonnen“, so wären sie keine Revolutionär*innen, sondern Reformist*innen. Doch das ist genau, was die „lin-ken Erzähler*innen“ vorschlagen. Indem sie die Grenzen des Wirtschaftssystems (des Kapitalismus) und seines politischen Überbaus (der bürgerlichen Demokratie) anerkennen, kön-nen sie über diesen Punkt nicht hinausgehen.Revolutionär*innen, auf der anderen Seite, sehen die Ak-tivität der Massen als Schlüsselelement, um genau diese Gren-zen zu überwinden und die Gesellschaft zu verändern. Parla-mente und Wahlen sind nichts als ein nützliches Element, um die Aktivität der Massen zu stärken und zu schüren. Lenin wies darauf hin, dass die Erfahrung „zahlreicher, wenn nicht aller Revolutionen“ zeigt, „daß es zu Revolutionszeiten be-sonders nützlich ist, die Massenaktion außerhalb des reaktio-nären Parlaments mit einer Opposition, die mit der Revolu-tion sympathisiert (oder noch besser: die Revolution direkt unterstützt), innerhalb dieses Parlaments zu verbinden.“ Doch gleichzeitig erklärte er:„[D]ie Aktion der Massen z. B. ein großer Streik – ist immer und keineswegs nur während der Revolution oder in einer revolutionären Situation wichtiger als die parlamentarische Aktion“ (Lenin 1920/1959: 46f; Her-vorhebung im Original).Marxist*innen schüren keinerlei Illusionen, dass die De-mokratie die zugrundeliegenden Ursachen für Unterdrü-ckung, Armut und Ungleichheit beseitigen kann. Das kann nur durch den Sturz des Kapitalismus erreicht werden.III.  VOM HEGEMONIEKONZEPT ZUR SOZIALPARTNERSCHAFTDie Theoretiker*innen der „linken Erzählung“ lehnen die marxistische Staatstheorie ab und fokussieren ihre Hauptar-gumente stattdessen auf die Frage der Demokratie und sehen in der parlamentarischen Repräsentation den Hauptinhalt ih-rer Aktivität. Es handle sich beim Staat um ein „umkämpftes Terrain“. Und damit man das angeblich neutrale, klassenun-abhängige „Terrain“ neu erzählen kann, muss man Teil davon werden. Das Ziel sei es „eine Mehrheit des Volkes hinter sich zu scharen, um an die Macht zu kommen und eine progres-sive Hegemonie aufzubauen. Für ihre konkrete Umsetzung gibt es ebenso wenig ein Patentrezept wie für das Endziel.“Sprich: Wählt uns, und wir tun dann, was wir wollen!„Das Ziel ist nicht, den Staat zu erobern“, sondern „Staat zu werden“, schreibt Mouffe. Und hier wird aber-


 ZUKUNFT | 15 mals deutlich, warum diese Theorie so viel Anklang bei Reformist*innen findet. Denn schließlich ist Teil des Staats-apparates zu werden – am besten mit so wenig Verbindlichkeit von unten wie möglich – die Existenzgrundlage und das Um und Auf des Reformismus. Als Teil des „umkämpften Ter-rains“ Staatsapparat soll es dann möglich sein, in Diskussionen auf Augenhöhe mit den Kapitalist*innen Verbesserungen für die Wähler*innenschaft durchzusetzen.„Die Sozialdemokratie muss [das] Kapital in die Schran-ken weisen und die Märkte zähmen“, O-Ton Max Lercher, und: „Mir schwebt ein Sozialstaat vor, der schützt, Wohlstand gerecht verteilt und Handlungsspielräume [?] lässt“ (Lercher 2019b).Doch Obacht! In Konfrontation mit dem Klassenfeind (den man nicht so nennt) sei es jedoch wichtig, „dass auftau-chende Konflikte nicht die Form eines ‚Antagonismus‘ an-nehmen (eines Kampfes zwischen Feinden)“, dass der „Geg-ner nicht als Feind wahrgenommen wird, den es zu vernichten gilt, sondern als Kontrahent, dessen Existenz als legitim aner-kannt wird.“Das ist Universitätssprache für Sozialpartnerschaft und Ausgleich von Klasseninteressen. Wäre es möglich, inner-halb des Kapitalismus durch stetige Reformen Verbesserungen zu erzielen, so hätte eine Mehrheit der Arbeiter*innenklasse auch mit Sicherheit nichts dagegen.Das Problem ist jedoch, dass der Kapitalismus aufgrund seiner eigenen Widersprüche regelmäßig in Krisen gerät. Die Spardiktatur der „bösen“ Neoliberalen ist nicht einer plötz-lichen Lust auf größeres menschliches Leid entsprungen, sondern aus den Zwängen des kapitalistischen Systems, in dem mehr Profite (und diese sichern schließlich das Über-leben eines Kapitalisten) nur durch harte Angriffe auf die Arbeiter*innenklasse möglich sind.Die Sozialdemokratie hat nicht, wie Julia Herr es be-schreibt, „einfach irgendwann den Mumm verloren“, sondern der Reformismus ist an die Grenzen des Kapitalismus gesto-ßen. Es gibt heute schlicht keinen Spielraum mehr für anhal-tende, bedeutsame Reformen im Kapitalismus.IV.  DIE VERANTWORTUNG DER FÜHRUNGDie Suche nach der „Hegemonie“ in der Gesellschaft liefert die Grundlage für eine Politik, bei der viel geredet, aber wenig gehandelt werden muss. Sie dient in entscheidenden Momen-ten als passende Ausrede dafür, die politische Offensive gegen die Herrschenden nicht führen zu können, da die Hegemonie eben noch nicht errungen sei. Die Schuld für die Niederlage von Massenbewegungen oder linken Parteien wird so regel-mäßig bei den Massen selbst gesucht.So schreibt Julia Fritzsche, Autorin eines 2019 erschiene-nen Buchs mit dem Titel Tiefrot und radikal bunt – für eine neue linke Erzählung beispielsweise über Massenbewegungen wie die „Gelbwesten“ in Frankreich, „Occupy“, aber sogar über den Arabischen Frühling, dass sie scheiterten,„[…] weil potenziell Interessierte sie doch irgendwie zu akademisch fanden, oder Zelte zwar nett und niedlich, den Kapitalismus aber irgendwie besser. Weil die Beteiligten selbst die Plätze aufgaben, um wieder regelmäßig Geld zu verdie-nen, oder weil sie Orte besetzt hatten, wo sie niemanden stör-ten. Und schließlich auch, weil Polizei und Militär sie dort, wo sie störten, von den Plätzen schubsten, sie verletzten, ver-hafteten.“ (Fritzsche 2019: 25)Das ist purer Zynismus. Die Massen in Ländern wie Ägypten oder Tunesien riskierten ihr Leben, überwanden sektiererische Spaltungen und waren bereit, alles für die Frei-heit zu geben. Es sei auch angemerkt, dass die Gelbwesten-bewegung nicht nur ihr ursprüngliches Ziel – die Abschaf-fung von Macrons regressiver Treibstoffsteuer – erreichte: durch sie lernten die Arbeiter*innen und Jugendlichen tau-sendmal mehr über die Rolle des Staates und die bürgerliche „Demokratie“, als durch alle Werke der „linken Erzählung“ zusammengenommen.V.  REVOLUTIONÄRE IDEEN – REVOLUTIONÄRE PRAXISDas Konzept der linken Erzählung veranschaulicht, welcher Zusammenhang zwischen Philosophie und politischer Pra-xis besteht. Als radikal anmutende „Geschichte“ dient es in Wahrheit als Deckmantel für reformistische und dem Kapita-lismus in keiner Weise gefährliche Politik.Ob Verfechter*innen der linken Erzählung die philoso-phische Grundlage bewusst verteidigen (wie es Mouffe tut), oder das Konzept als für ihre eigenen Handlungen nützlich ansehen und aufgreifen, spielt dabei nur eine zweitrangige Rolle. Die Aufgabe von Revolutionär*innen ist es jedoch, solche Ideen und die damit einhergehende Praxis aufzude-


 16 | ZUKUNFT „LINKE ERZÄHLUNG“ ODER KLASSENKAMPF? VON YOLA KIPCAKcken und ihnen tatsächliche Lösungen für die Misere das Ka-pitalismus entgegenzustellen.Gehen wir ohne Scheuklappen auf die Realität zu, kämp-fen wir für eine Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung – für einen revolutionären Sturz des Kapitalismus!.YOLA KIPCAKist Mitglied der Sozialistischen Jugend und Redaktionsmitglied des Funke, der marxistischen Zeitung der International Marxist Tendency in Österreich. Sie hat sich insbesondere mit Fragen der Frauenunterdrü­ckung sowie der marxistischen Kritik am Postmodernismus – speziell der Queer Theorie – beschäftigt und hat Politikwissenschaft und  Koreanologie an der Universität Wien studiert.LiteraturFritzsche, Julia (2019): Tiefrot und radikal bunt: Für eine neue linke Erzäh-lung, Hamburg: Edition Nautilus.Herr, Julia (2019): Julia Herr und Josef Cap über die Defizite der Sozialde-mokratie, Interview von Rosemarie Schwaiger, online unter: https://www.profil.at/oesterreich/julia-herr-josef-cap-gespraech-sozialde-mokratie-11146436 (letzter Zugriff: 21.6.2021).Lenin, W.I. (1920/1959): Der ‚linke Radikalismus‘, die Kinderkrankheit im Kommunismus, in: Lenin Werke, Bd. 31. Berlin: Dietz.Lercher, Max (2019): Was meine ich mit Neugründung der SPÖ, online unter: https://www.facebook.com/max.lercher/posts/2453854181401458/ (letzter Zugriff: 21.06.2021).Lercher, Max (2019a): Wir müssen ein System zerschlagen, Interview von Florian Gasser, online unter: https://www.zeit.de/2019/42/max-lercher-spoe-sozialdemokratie-neugruendung (letzter Zugriff: 21.06.2021).Lercher, Max (2019b): „Das Haus droht abzubrennen“, in: Kronen Zeitung am 17.09.2019, 2.Mouffe, Chantal (2018): Für einen linken Populismus, Berlin: Suhrkamp.


 ZUKUNFT | 17 BENCHMARKING – COLOURS OF LOVEBenchMarking – Colours of LoveBank gestaltet von Teilnehmer*innen des Projekts, Ort: Donaukanal, 2. Bezirk


 18 | ZUKUNFT POST-MARXISMUS VS. MARXISMUS VON JULIA BRANDSTÄTTERI. EINLEITUNGDas 20. Jahrhundert war geprägt von einem tiefgreifenden so-zioökonomischen Strukturwandel und technologischen Re-volutionen; von Kolonialismus und Imperialismus; von der Errichtung des bürgerlich-demokratischen Verfassungsstaates; von Hunger, Massenarbeitslosigkeit und Elend; von ökonomi-schen Spannungen, die sich in einem besonders barbarischen Vernichtungskrieg entluden; von letztlich gescheiterten Re-volutionen und der Mutation des herrschaftskritischen „wis-senschaftlichen Sozialismus“ zur herrschenden Staatsdoktrin der Sowjetunion in den Händen der stalinistischen Bürokra-tie; schließlich, von einem liberal-bürgerlichen Demokratiefe-tischismus der Nachkriegszeit, der das „Ende der Geschichte“ beschwor und den Bolschewismus als „gesinnungsethischen Terrorismus“ (Rüdiger 2016: 224) brandmarkte. Die markerschütternden Schreie der Opfer des „Zeitalters der Extreme“ (1914 bis 1991) hallten so grell nach, dass Fa-schismus und Kommunismus gleichermaßen über den Haufen geworfen wurden, während die kapitalistische Produktions-weise, samt politischem Überbau, als scheinbar alternativlo-se Weltordnung angenommen wurde. Mit dem Siegeszug des westlichen Modells bürgerlich-parlamentarischer Demokrati-en war die „Idee großer Politik“ (Marchart 2010: 294) abge-laufen – nur vereinzelte Gruppierungen hielten das rote Ban-ner weiter hoch.II.  ZEITALTER DER GEGENAUFKLÄRUNGDie Phase der wirtschaftlichen Hochkonjunktur, die schwieri-ge Lage der Linken nach 1968 und der Kollaps der Sowjetuni-on bildeten den historischen Hintergrund, vor dem neue linke Theorien formuliert wurden. Der Post-Marxismus, der in den 1980er–Jahren konturlose Gestalt annahm, bildet keine kohären-te Denkschule, sondern kann wesentlich über die Negation be-stimmter Annahmen der „klassischen“ Moderne im Allgemeinen (insbesondere ihres optimistischen „Fortschrittsglaubens“) und des Marxismus im Besonderen, definiert werden.Post-marxistische Ideen bildeten sich zu einem wesent-lichen Teil in Abgrenzung zum Marxismus heraus, weil die Degeneration der Sowjetunion und die Bürokratisierung und Entdemokratisierung der kommunistischen Parteien nicht auf historische, sondern auf theorieimmanente Entwicklungen zurückgeführt wurden. So stand nicht die historische Analy-se, sondern die Infragestellung der marxistischen Theorie im Mittelpunkt des Interesses von post-marxistischen Intellektu-ellen wie Cornelius Castoriadis, Alain Touraine, Ernesto La-clau, Chantal Mouffe und vielen anderen. Die materialisti-sche Geschichtsauffassung, wie sie Marx und Engels vertraten, verwendeten sie als Kontrastfolie, von der sie sich schließlich abheben konnten. Allerdings entwarfen sie völlig verzerrte Versionen des Marxismus, was in der akademischen Sphäre kritiklos hingenommen wird, weil der Postmarxismus keine „wahre“ oder „richtige“ Interpretation kennt, die sich ernst-haft um eine möglichst wirklichkeitsgetreue, systematisch am Gesamtwerk orientierte, Auslegung bemüht.Die Kritik am Marxismus, der „reduktionistisch“ sei, weil er alles auf die Ökonomie reduziere; der „essentialistisch“ sei, weil er die Arbeiterklasse zum „ontologisch privilegierten“, das heißt metaphysischen Willenssubjekt der Geschichte er-küre; der „teleologisch“ sei, weil der Geschichtsverlauf ei-Post-Marxismus vs. MarxismusJULIA BRANDSTÄTTER ordnet in ihrem Beitrag den Post­Marxismus, eingebettet in seinen historischen Entstehungskon­text, als Replik auf theoretische Annahmen der „Moderne“, insbesondere des Marxismus, ein. Mit Marx und Engels antwortet sie auf die drei häufigsten, gegen die materialistische Geschichtsauffassung angeführten, Argumente des Post­Marxismus.


 ZUKUNFT | 19 ner ziel- und zweckbestimmten Richtung folge und im kom-munistischen Reich der „absoluten“ Freiheit ende usw., wird dem Marx'schen Œuvre nicht gerecht. In drei Schritten sollen daher die häufigsten gegen den Marxismus angeführten Argu-mente entkräftet werden.III.  „ÖKONOMISCHER REDUKTIONISMUS“Marx und Engels haben niemals „alles auf die Ökonomie re-duziert“. Zwischen Basis und Überbau besteht kein einsei-tig wirkendes Bedingungsverhältnis, sondern ein komplexes Wechselverhältnis. In seinem Brief an Joseph Bloch vom 21. September 1890 schreibt Engels:„Nach materialistischer Geschichtsauffassung ist das in letzter Instanz bestimmende Moment in der Geschichte die Produktion und Reproduktion des wirklichen Lebens. Mehr hat weder Marx noch ich je behauptet. Wenn nun jemand das dahin verdreht, das ökonomische Moment sei das einzig be-stimmende, so verwandelt er jenen Satz in eine nichtssagende, abstrakte, absurde Phrase.“Weiter erklärt er, dass „die verschiedenen Momente des Überbaus“ – politische Formen des Klassenkampfs und seine Resultate, etwa Verfassungen und Gesetze, sowie die „Refle-xe aller dieser wirklichen Kämpfe im Gehirn der Beteiligten“, also politische, juristische und philosophische Theorien sowie religiöse Anschauungen – auch auf den Verlauf der geschicht-lichen Kämpfe einwirken und „in vielen Fällen vorwiegend deren Form [bestimmen]“ (MEW 37: 463).Die ökonomischen und technologischen Verhältnisse ei-ner Gesellschaft sind also das in letzter Instanz bestimmende Moment, sie bilden die Grundlage der Produktion und Re-produktion des gesellschaftlichen Lebens, d. h. sie bestimmen unmittelbar, was die Menschen zur Befriedigung ihrer Be-dürfnisse tun müssen: Jagen und Sammeln in einer steinzeitli-chen Wildbeuter*innengesellschaft, Sklavenarbeit in einer Sklavenhalter*innengesellschaft, Ackerbau und Frondienste in ei-ner agrarischen Feudalgesellschaft, Lohnarbeit in einer kapita-listischen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft.Die Bedürfnisbefriedigung ist also die treibende Kraft der geschichtlichen Entwicklung: „Zum Leben aber gehört vor Allem Essen und Trinken, Wohnung, Kleidung und noch einiges Andere. Die erste ge-schichtliche Tat ist also die Erzeugung der Mittel zur Befrie-digung dieser Bedürfnisse, die Produktion des materiellen Le-bens selbst, und zwar ist dies eine geschichtliche Tat, eine Grundbedingung aller Geschichte, die noch heute, wie vor Jahrtausenden, täglich und stündlich erfüllt werden muß, um die Menschen nur am Leben zu erhalten.“ (MEW 3: 28) Und gerade diese „menschlichen Bedürfnisse“ werden von post-marxistischen Intellektuellen als „anthropologische Konstanten“ verworfen; obwohl zur Aufrechterhaltung des Lebens notwendige Grundbedürfnisse wie die Nahrungsauf-nahme unweigerlich natürliche Konstanten (nicht nur von Menschen, sondern in Form des Stoffwechsels jeder organi-schen Materie) sind. Die „menschlichen Bedürfnisse“ in ihrer Gesamtheit verändern sich aber freilich unter den sich stetig wandelnden gesellschaftlichen Bedingungen. Eine Magd des 17. Jahrhunderts wird beispielsweise kein Bedürfnis nach einer Bahnfahrt oder einer Flugreise gehabt haben, weil die tech-nologischen Voraussetzungen für ein solches Bedürfnis noch nicht vorhanden waren.IV. „KLASSENREDUKTIONISMUS“Im Post-Marxismus existiert die Arbeiterklasse nicht als „vordis-kursive“ Einheit. Sie kann sich in Ermangelung einer wie auch immer gearteten „Wesenhaftigkeit“ nur über diskursive Konst-ruktion herstellen. Das bedeutet, die Arbeiterklasse hätte sich auch im 17. Jahrhundert herausbilden können, wenn sich die Knechte damals nur überlegt hätten, sich zu einer solchen Klasse zu for-mieren. Das ist freilich grober Unsinn. Die objektiven Bedin-gungen stecken die Grenzen des Möglichen ab und bestimmen, welche Gruppe von Menschen in einer bestimmten Epoche ihr emanzipatorisches Potenzial entfalten kann.Die dialektische Geschichtsauffassung des Marxismus schreibt der Arbeiterklasse aber gar keine ahistorische, „essen-tialistische“ Wesenhaftigkeit zu, die der Post-Marxismus ab-lehnt. Kategorien wie die Arbeiterklasse sind „ebensowenig ewig wie die Verhältnisse, die sie ausdrücken. Sie sind histori-sche, vergängliche, vorübergehende Produkte“ (MEW 4: 130), schreibt Marx in seiner Schrift Das Elend der Philosophie. Allerdings entstehen Klassen nicht erst im Prozess der Identitätsbildung. Wir finden heute, wenn wir durch den Zu-fall der Geburt in diese Welt geworfen werden, Klassenverhält-nisse vor, derer wir uns nicht individuell entledigen können.Die Geschichte ist keine Abfolge von Identitätsbildun-gen (die nur vor dem Hintergrund einer spezifischen Klas-


 20 | ZUKUNFT senstruktur überhaupt denkbar sind), sie bewegte sich viel-mehr „in Klassengegensätzen, die in den verschiedensten Epochen verschieden gestaltet waren“ (MEW 4: 480). Diese Klassen führten Kämpfe, die den Charakter der Gesellschaf-ten veränderten: „Freier und Sklave, Patrizier und Plebejer, Baron und Leibeigener, Zunftbürger und Gesell, kurz, Unterdrücker und Unterdrückte standen in stetem Gegensatz zueinander, führ-ten einen ununterbrochenen, bald versteckten, bald offenen Kampf, einen Kampf, der jedesmal mit einer revolutionären Umgestaltung der ganzen Gesellschaft endete oder mit dem gemeinsamen Untergang der kämpfenden Klassen.“ (MEW 4: 480)Das „Subjekt der Emanzipation“ kann unter den jeweili-gen gesellschaftlichen Bedingungen also kein beliebiges sein; im Kapitalismus ist es die Arbeiterklasse, das heißt, die über-wältigende Mehrheit der heute lebenden Menschen, die nicht im Besitz der Produktionsmittel sind, sondern dazu gezwun-gen sind, ihre Arbeitskraft gegen Lohn zu verkaufen.V.  „TELEOLOGIE“ UND DAS ENDE DER POLITIKDer Marxismus würde, so die post-marxistische Kritik weiter, eine teleologische Auffassung von Geschichte als gesetzmä-ßig auf ein ideales Endziel zulaufender Prozess vertreten; eine Auffassung, die eigentlich für Religionen charakteristisch ist. Erlösung und Befreiung sind Hoffnungen letzter Instanz, die der gesamten Schöpfungsgeschichte erst ihren Sinn verleihen. Auch Marx und Engels seien einem solchen „eschatologi-schen Messianismus“ verfallen, wenn sie den gesetzmäßigen Geschichtsverlauf dem Endpunkt der befreiten kommunisti-schen Gesellschaft zuführten (Laclau 2002: 112, Derrida 2004: 88). Laclau stellt den Marxismus gemeinsam mit dem Hege-lianismus gar an die Spitze der Entwicklung der „christlichen Geschichtsvision“ (Laclau 2002: 24, 33). Dieser im Voraus bestimmte Endzweck einer linearen, fortschrittlichen und unaufhaltsamen historischen Bewegung, auf den sich die Ge-schichte gewissermaßen selbstständig, ja mit der Notwendig-keit eines wissenschaftlich überprüfbaren Gesetzes zubewege, sei daher nichts anderes als religiöser Aberglaube – Chilias-mus, die Erwartung einer Ankunft, nicht der Jesu, aber des kommunistischen „Reichs der Freiheit“.Diese kaum noch ernstzunehmende Verfälschung des Marxismus ist das Produkt einer einseitigen Übertreibung: Die „Gesetzmäßigkeit“ der ökonomischen Entwicklung wird auf die Spitze getrieben und als berechenbare, zwangsläufige, unaufhaltsame Logik dargestellt. Marx und Engels haben aber kein Schema entworfen, das sie der Geschichte aufzwangen, sie haben vielmehr die Entwicklungstendenzen und Dynami-ken historischer Phänomene in ihren Zusammenhängen und Wechselwirkungen studiert und allgemeinere Schlussfolge-rungen gezogen. Diese „Gesetze der Geschichte“ sind natür-lich keine plumpen, mustergültigen Abstraktionen, sondern beschreiben konkrete historische Vorkommnisse: Das Wertge-setz, die Krisentendenz im Kapitalismus, Darwins Gesetz der Evolution, die Tendenz zur Revolution; das sind komplexe Phänomene, die von konkreten Bedingungen abhängen.Die Gesetze der Geschichte würden quasi automatisch im Kommunismus enden, lautet der Vorwurf weiter. Chantal Mouffe argumentiert in ihrem neuesten Buch, dass es „Anta-gonismen, Konflikte und eine gewisse Undurchlässigkeit […] in einer Gesellschaft immer geben“ werde; daher gilt es, „sich vom Mythos des Kommunismus als transparenter und ver-söhnter Gesellschaft – eine Idee, die klarerweise ein Ende der Politik einschließt – zu verabschieden“ (Mouffe 2018: 13).Marx und Engels haben aber niemals behauptet, dass in ei-ner kommunistischen Gesellschaft alle gesellschaftlichen Kon-fliktpotenziale ein für alle Mal aufgehoben und vollständige Harmonie einkehren würde. Diese Argumentation geht völ-lig am Punkt vorbei: Es geht nicht darum, Antagonismen als solche (!) aufzuheben, sondern darum, den konkreten Anta-gonismus von Lohnarbeit und Kapital zu überwinden, da das Privateigentum an Produktionsmitteln die Ursache für Aus-beutung und Unterdrückung ist.Die Menschheitsgeschichte würde im Kommunismus nicht zu Ende gehen. Geschichte ist ein von Widersprüchen vorangetriebener unendlicher Prozess, der vorläufige Gesell-schaftsformationen hervorbringt, die ihrerseits Geschichte haben werden. Engels schreibt, die Geschichte kann keinen „vollendenden Abschluß finden in einem vollkommnen Ide-alzustand der Menschheit; eine vollkommne Gesellschaft, ein vollkommner ‚Staat‘ sind Dinge, die nur in der Phantasie be-stehn können; im Gegenteil sind alle nacheinander folgenden geschichtlichen Zustände nur vergängliche Stufen im endlo-sen Entwicklungsgang“.VI.  AKTUALITÄT DES MARXISMUSDie Frage nach dem theoretischen Fundament, das ein über-legtes, den Herausforderungen der Zeit angemessenes poli-POST-MARXISMUS VS. MARXISMUS VON JULIA BRANDSTÄTTER


 ZUKUNFT | 21 tisches Handeln ermöglicht, stellt sich heute mehr denn je. Das weltumspannende, in sich zusammenhängende Krisen-konglomerat – zu dem neben der Wirtschafts- und Gesund-heitskrise insbesondere die Klimakatastrophe zählt – bedroht die Menschheit in ihrer Existenz. Ganz im Sinne des marx-schen Ausspruches „Es genügt nicht, daß der Gedanke zur Verwirklichung drängt, die Wirklichkeit muß sich selbst zum Gedanken drängen“ (MEW 1: 386), rechtfertigen die neu-en Bedingungen die wachsende Popularität und anhaltende Wirkmacht des Marxismus. Jede Totenbeschau des marxschen Denkens bleibt ein „Versuch, den uns immer noch verfolgen-den Geist Marxens zu exorzieren“, gesteht Oliver Marchart, aber auch Jean-Paul Sartre, wenn er den Marxismus als „die unüberschreitbare Philosophie unserer Zeit“ (Sartre 1967: 868) charakterisiert. JULIA BRANDSTÄTTER ist Mitarbeiterin in der Dauerausstellung Das Rote Wien im Waschsalon Karl­Marx­Hof und forscht im Rahmen ihres Dissertationsprojekts an der Schnittstelle von Widerstand, Exil und Wissenschaftsgeschichte.Literatur Derrida, Jacques (2004): Marx’ Gespenster. Der Staat der Schuld, die Trau-erarbeit und die neue Internationale, Frankfurt am Main: Suhrkamp.Laclau, Ernesto (2002): Emanzipation und Differenz, Wien: Turia+Kant.Marchart, Oliver (2010): Die politische Differenz. Zum Denken des Po-litischen bei Nancy, Lefort, Badiou, Laclau und Agamben, Berlin: Suhrkamp.Marx, Karl/Engels, Friedrich (1956–2018): Werke, 44 Bde., Berlin: Dietz (zit. als MEW).Mouffe, Chantal (2018): Für einen linken Populismus, Berlin: Suhrkamp.Rüdiger, Axel (2016): Von der „Transformation der Demokratie“ zur „re-volutionären Real-Politik“. Ein Plädoyer für den Neo-Jakobinismus, in: Alex Demirović (Hg.): Transformation der Demokratie – demokra-tische Transformation, Münster: Westfälisches Dampf boot, 224–248.Sartre, Jean-Paul (1967): Kritik der dialektischen Vernunft. Band 1. Theo-rie der gesellschaftlichen Praxis, Hamburg: Rowohlt.


 22 | ZUKUNFT BenchMarking – Colours of LoveBank gestaltet von Bernd Herger, Karl Kilian, Sven Radisch und Dragan Velic, Ort: Prater Hauptallee vor der Sternwarte


 ZUKUNFT | 23 BENCHMARKING – COLOURS OF LOVEBenchMarking – Colours of LoveBank gestaltet von Bernd Herger, Ort: Prater Hauptallee


 24 | ZUKUNFT I. EINLEITUNGWenn wir uns heute an linke Theoretiker*innen aus Deutsch-land im 19. Jahrhundert erinnern, denken wir in erster Li-nie an Marx und Engels. Dabei gerät leicht in Vergessenheit, dass sich in Deutschland neben den Urvätern der Kapitalis-muskritik eine vielfältige Landschaft sozialistischer Literatur entwickelte, die den modernen Sozialismus wesentlich präg-te. In diesem Beitrag skizziere ich die politische Philosophie der Marburger Schule, die in der zweiten Hälfte des 19. und am Beginn des 20. Jahrhunderts eine Hochblüte erlebte. An Immanuel Kant orientiert, zielte der Marburger Linkskantia-nismus darauf ab, bürgerliche Gesellschaftsnormen zu kritisie-ren und für einen ethischen und reformbasierten Sozialismus fruchtbar zu machen. Der „Linkskantianismus“ bezeichnet kein einheitliches Programm. Der Begriff signalisiert, dass sich neben dem Linkshegelianismus und einer politisch-konserva-tiven Berufung auf universale Werte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch eine politisch linksgerichtete Strömung des Idealismus herausbildete. Die Schriften des Linkskantia-nismus entstanden in der Zeit zwischen der Ersten und der Zweiten Internationalen (1889–1914) – dem „[g]oldene[n] Zeitalter des Marxismus“ (Kolakowski 1988: 11).In den reformistischen Ansätzen der Schule sahen man-che einen geeigneteren Ansatz, der es vermochte, auf die Probleme der Zeit zu antworten. Im Revisionismus-Streit der 1890er–Jahre lieferten die Schriften der Marburger eine Alternative, die es erlaubte, das marxistisch-orthodoxe Pro-gramm der Partei kritisch zu überdenken. Später wurden ihre Ansätze im Zuge des Ersten Weltkrieges und des Imperialis-mus auf die Probe gestellt. Wie ich herausstellen werde, wa-ren ihre Ansätze jedoch zu sehr vom kulturimperialistischen Duktus der Zeit geprägt, als dass ihre Theorien auch nach dem Ersten Weltkrieg für die Probleme des neuen Jahrhun-derts anschlussfähig gemacht werden konnten.II.  DER MARBURGER LINKSKANTIANISMUSHermann Cohen © Wikimedia CommonsIm Kern bestand die Marburger Prägung der „Zurück auf Kant“-Bewegung aus Hermann Cohen (1842–1918) und Paul Natorp (1854–1924). Cohen wuchs als Sohn eines jü-dischen Cantors in einer Familie in Schleswig auf und woll-te in jungen Jahren Rabbiner werden. Während viele seiner DER MARBURGER LINKSKANTIANISMUS VON ELISABETH THERESIA WIDMERDer Marburger  LinkskantianismusELISABETH THERESIA WIDMER skizziert in ihrem Beitrag die politische Philosophie der Marburger Schule Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts. Im Kontrast zu den rechtskonservativen Intellektuellen dieser Zeit nahm der an Kant orientierte Marburger Linkskantianismus eine Sonderstellung ein. Als politisch linke und progressive Strömung richtete sich die Denkschule gegen den Trend, den Sozialismus zum Sündenbock zu stilisieren. Widmer gibt Einblicke in interne Diskussi­onen der Marburger Linkskantianer und zeichnet den Weg der Strömung in den Untergang nach dem Ersten Weltkrieg nach. 


 ZUKUNFT | 25 jüdischen Kollegen aufgrund des tief verankerten Antise-mitismus im preußischen Staat zum Christentum konver-tierten, blieb Cohen dem jüdischen Glauben treu. In den jüdischen Schriften fand er eine fruchtbare Basis, um den Individualismus der kantischen Ethik zu überwinden und für die Grundlagen einer modernen Sozialdemokratie zu nut-zen. Auch heute noch stellt seine Kant-Interpretation eine Sonderstellung in der Kant-Forschung dar. Inspiriert vom jüdischen Monotheismus lieferte er bereits 1877, in Kants Begründung der Ethik, eine Auslegung des Sittengesetzes, die darauf abzielte, gesellschaftliche Normen auf ihren ethi-schen Gehalt hin zu überprüfen (Cohen [1877] 2001: 279–80). In seiner reifen Systemphilosophie, der Ethik des reinen Willens (1904), argumentierte Cohen, dass das von ihm neu ausgelegte Sittengesetz auch das Grundprinzip der Rechts-wissenschaften darstelle. Die grundlegendste Aufgabe des Rechtsstaates bestand in Cohens Augen darin, das menschli-che Grundrecht, jederzeit auch als Zweck-an-sich und nie-mals bloß als Mittel behandelt zu werden, zu verteidigen (Cohen [1904] 1981: 255). Auf dieser Grundlage kritisier-te Cohen das Familien-, Erb-, und Arbeitsrecht; sie standen Cohen zufolge im begrifflichen Widerspruch zum Sittenge-setz und verletzten damit die Würde des Menschen (Cohen [1904] 1981: 606). Natorp beschäftigte sich hingegen mit der pädagogischen Frage, welche lernbaren Praktiken es zu ver-mitteln gelte, um verantwortungsvolle und sozial orientierte Bürger*innen auszubilden. Er machte drei Grundtugenden fest, auf denen die von ihm angedachte sozialdemokratische Republik zu gründen hatte: Die Tugend des Maßes, der Klugheit und der Vernunft (Natorp 1899). Trotz der unter-schiedlichen Themenbereiche, an denen Cohen und Natorp arbeiteten, stimmten sie darin überein, dass der Sozialismus auf ethischen Kriterien gründe.Anders verhält es sich, wenn der Marburger Linkskan-tianismus breiter gefasst wird. Einige waren der Meinung, dass kantische Elemente mit dem marxschen Programm er-gänzt, korrigiert oder erweitert werden müssten. Hierzu zählen auch die Ansätze der frühen Neukantianer Fried-rich Albert Lange (1828–1875) und Rudolf Stammler (1856–1938). Weil sich Lange, der vom geistreichen Kant-Ver-ständnis Cohens tief beeindruckt war, darum bemühte, dem jungen Cohen eine Professur an seiner Universität in Mar-burg zu verschaffen, wird er manchmal auch als „Vater der Marburger Schule“ bezeichnet (Sieg 1994). Die Philosophie von Lange war noch stark im Sensualismus des 19. Jahrhun-derts verankert. Damit unterschied sich seine Kant-Interpre-tation vom Kern der Schule, die ihre Philosophien im „rei-nen Denken“ begründet wissen wollten. Auch die politische Philosophie Langes orientierte sich stark an naturalistischen Denkern wie Charles Darwin, Adam Smith und Thomas R. Malthus. Dennoch waren es die kantischen Elemente sei-nes reformbasierten und antirevolutionären Sozialismus, die von den Epigonen wertgeschätzt wurden. Auch Stammlers Ansatz unterschied sich in wesentlichen Aspekten vom en-gen Begriff des Marburger Linkskantianismus (Stammler 1902; 1906). Eine ethische Untermauerung der Rechtswis-senschaften, wie sie Cohen anstrebte, lehnte er ab. Dennoch stützte er sich auf die von Kant inspirierte Erkenntnistheorie Cohens, um seinen Begriff des transzendentalen Naturrechts mit dem – damals weit verbreiteten – Rechtspositivismus in Verbindung zu bringen. Der wohl bekannteste Rechtstheo-retiker, der sich an Stammler orientierte, war der Verfasser der österreichischen Verfassung: Hans Kelsen (1881–1973).Bis auf Lange, der 1862 mit Engels in Kontakt stand und ihn gemeinsam mit Marx um die Mitarbeit für seine sozial-demokratische Zeitung Der Bote vom Niederrhein bat, tru-gen die Marburger Linkskantianer ihre Diskussionen haupt-sächlich intern aus (Eckert 1969: 74). Als sich Natorp 1893 im Zuge von Demonstrationen rechtsgerichteter Burschen-schaften dazu entschloss, in den politischen Diskurs einzu-greifen, wurde er vom preußischen Bildungsministerium zurechtgewiesen (Holzhey 1986: 236). Zu stark war der aka-demische Bereich unter der Kontrolle der antisozialistischen Regierung, als dass ein linksgerichteter politischer Aktivis-mus in der Funktion als Universitätsgelehrter möglich ge-wesen wäreNicht zuletzt deswegen waren es die freiberuflichen Phi-losophen und Lehrer Franz Staudinger (1849–1921) und Karl Vorländer (1860–1928), die sich für eine Verbreitung der Marburger Lehren einsetzten. Neben Eduard Bern-stein (1850–1932), der mit dem Slogan „Zurück auf Lange“ den Revisionismus in der SPD einzuleiten versuchte (Retter 2007: 103), übernahmen auch Austromarxisten wie Max Ad-ler (1873–1937) einige ihrer reformistischen Ideen. Die „or-thodoxen“ Marxisten, wie Karl Kautsky (1854–1938), Franz Mehring (1846–1919) und Nikolai Berdjajew (1874–1948), sahen in den von Kant inspirierten Ansätzen der Marbur-ger hingegen einen weichen Linksliberalismus, der an den ei-gentlichen Grundproblemen vorbeiging.


 26 | ZUKUNFT DER MARBURGER LINKSKANTIANISMUS VON ELISABETH THERESIA WIDMERIII.  DER MARBURGER LINKSKANTIANISMUS IM PHILOSOPHISCHEN UND HISTORISCHEN KONTEXTIn den Jahren 1878/79 fand eine „idealistische Wende“ in der deutschsprachigen Philosophie statt (Köhnke 1986: 404; Sieg 2013: 19–57). Grund dafür waren die beiden Attentate auf Kaiser Wilhelm I. Die konservative, pro-preußische Presse und Otto von Bismarck (1815–1898) nahmen die Attentats-versuche zum Anlass, um die kritische Haltung gegenüber der sozialdemokratischen Partei im Volk zu stärken. Nachdem von Bismarck erfolglos nach dem ersten Anschlag versucht hatte, mit dem Sozialistengesetz die Aktivitäten der Partei zu verbieten, verfasste der konservative Antisemit und Reichs-historiker Heinrich von Treitschke (1834–1896) am 1. Juni 1878 die Streitschrift Der Socialismus und der Meuchelmord. Von Treitschke argumentierte in dieser Schrift, dass jegliches kul-turelle Verderben auf die materialistische Untermauerung des Sozialismus zurückzuführen sei. Den Materialismus machte er verantwortlich für den Verfall der Religion und der Sitten. Den rechtsbürgerlichen Idealismus stellte er dem Materialis-mus gegenüber: „Was von berechtigten Gedanken in den Lehren dieser Sekte liegen mag ist ihr gemein mit anderen Parteien; was ihr eigen angehört und ihr Wesen ausmacht, ist das Evangelium der sinnlichen Gier, des Hasses und Neides, die Verhöhnung alles Heiligen.“ (Treitschke 1878: 4)Die Attentate, so heißt es weiter, seien sozialistisch moti-viert gewesen; die Partei bezeichnete er als eine „Schule des Verbrechens“ (1878: 5–7). Obwohl die Faktenlage zeigte, dass zwischen der SPD und den Attentätern keine Verbindung be-stand (Sieg 2013), prägte Treitschke damit ein Narrativ, das von einigen Intellektuellen der Zeit aufgegriffen wurde.Der Philosoph Jürgen Bona Meyer (1829–1897) verfasste noch in demselben Jahr eine Schrift, worin er sich gegen die sozialistische Auffassung des Eigentums richtete. Bereits bei Fichte finde sich die „gefährliche Lehre […], nach welcher Jeder, der kein Eigenthum hat, das natürliche Recht haben soll, sich an dem Eigenthum eines jeden Anderen zu vergrei-fen“ (Köhnke 1986: 412). Auch der Physiker Hermann von Helmholtz (1821–1894), spielte auf den Sozialismus an, als er in einer Rede den Tagen nachsann, die noch nicht von einer „zynische[n] Verachtung aller idealen Güter des Menschen-geschlechts“ geprägt waren (von Helmholtz [1878] 1903: 213ff). Auch bei Wilhelm Windelband (1848–1915) zeichnet sich 1882 eine Wende zur universalen Ethik ab (Windelband 1924a: 29). Um dem linken Relativismus Einhalt zu gebieten, widmete er sich ein Jahr später den ethischen Grundlagen der Philosophie (Windelband 1924b: 161ff).Im Kontrast zu den rechtskonservativen Intellektuellen dieser Zeit nahm der Marburger Linkskantianismus eine Son-derstellung ein. Als politisch linke und progressive Strömung richtete sich die Denkschule gegen den Trend, den Sozialis-mus zum Sündenbock zu stilisieren. Während sich einige ih-rer Kollegen auf Kant beriefen, um sich gegen den materialis-tisch untermauerten Sozialismus zu wenden, argumentierten die Marburger Linkskantianer, dass die kantischen Grundla-gen – angepasst an die neue Zeit – unweigerlich zu einer af-firmativen Haltung des humanistisch ausgerichteten Sozialis-mus führen müsse.Doch damit nahmen sie auch eine Sonderstellung zum historischen Marxismus ein. Marx zufolge lieferten die Ideen keine geeignete Grundlage, um die Problematiken des Ka-pitalismus aufzuzeigen. Stattdessen war er der Meinung, dass wir die materiellen, das heißt die ökonomischen Bedingun-gen der Geschichte, studieren sollten. Die Geschichte der Produktionsverhältnisse, so Marx, würde uns in materiali-sierter Weise gegenübertreten und unsere Lebensweisen und -formen wesentlich bestimmen. Die Geschichte erfolgt bei Marx aber nicht willkürlich; durch Widersprüche bzw. Klas-senkämpfe bestimmt, ist sie dialektisch zu denken:„Freier und Sklave, Patrizier und Plebejer, Baron und Leibeigener, Zunftbürger und Gesell, Unterdrücker und Un-terdrückte standen in stetem Gegensatz zueinander, führ-ten einen ununterbrochenen, bald versteckten, bald offenen Kampf, einen Kampf, der jedes Mal mit einer revolutionären Umgestaltung der ganzen Gesellschaft endete oder mit dem gemeinsamen Untergang der kämpfenden Klasse.“ (Marx [1848] 2017: 31)Lange, Cohen, Stammler und Natorp zufolge war der historische Materialismus hingegen von dem Mangel ge-kennzeichnet, die subjektiven Erfahrungsgrundsätze des Be-wusstseins nicht reflektiert zu haben.In Bezug auf die Wissenschaftstheorie kritisierten sie, dass es den historischen Materialisten aufgrund der dialektischen Auffassung der Geschichte nicht gelang, sich von spekula-tiven Elementen zu befreien. Am deutlichsten formulierte 


 ZUKUNFT | 27 Lange diese Kritik in der Arbeiterfrage. Indem Marx davon ausgehe, dass alle geschichtlichen Ereignisse auf den öko-nomisch bedingten Klassenkampf zurückzuführen seien, so meint Lange, verfälsche er die Geschichte (Lange 1870: 226). Cohen kritisierte hingegen, dass durch die geschichtliche Be-trachtung bei Hegel und Marx die ethische Grundlage abge-lehnt und der Geschichte untergeordnet würde. Bis auf Natorps späte Schriften lehnten sie auch die ge-setzmäßige Auffassung der Geschichte ab. Damit einher ging auch eine Ablehnung der Revolution als notwendige Fol-ge aus den ökonomischen Bedingungen. Obwohl Lange der Revolution in jungen Jahren noch positiver gegenüber-stand, argumentierte er später, dass die Revolution gerade-zu das humanistische Potenzial der Sozialdemokratie zerstöre. Weil langfristige und stabile Veränderungen nur durch kleine Schritte zu erzielen seien, sprachen sich die Marburger gegen einen revolutionären Umsturz der Produktionsverhältnisse aus (Lange 1870; Cohen 1981). Sie bevorzugten Maßnahmen wie Reformen sowie die Gründung von Genossenschaften und Gewerkschaften.Ein weiterer Unterschied zu Marx, der seine religions-kritische Haltung bekanntlich durch die Aussage, die Reli-gion sei „Opium des Volks“ (Marx 1982: 171), metaphorisch zum Ausdruck brachte, bestand in ihrer durchwegs positi-ven Haltung gegenüber der Religion. Zwar lehnte Lange be-reits sehr früh eine metaphysische oder erkenntniskritische Rechtfertigung Gottes ab; dennoch sah er in der christlichen Sittenlehre eine brauchbare Erfindung, die es vermochte, die Massen zum ethischen Handeln zu bewegen. In den Au-gen Langes hatte das Christentum im Kampf gegen den vom Egoismus genährten Kapitalismus eine erstrebenswerte mo-ralpsychologische Wirkung (Lange 2015: 931). Cohen zufol-ge stand ein aufgeklärtes Judentum im direkten Zusammen-hang mit dem Sozialismus. Weil sowohl der jüdische Glaube als auch der Sozialismus in der Sozialethik ihre Begründung fanden, teilte die Ethik des Judentums einige Aspekte mit der Sozialdemokratie.Hinsichtlich der wissenschaftstheoretischen, geschichts-philosophischen und religiösen Grundlagen kritisierten die Marburger Linkskantianer, dass der historische Materialismus auf grundlegend falschen Prämissen aufbaue. Die angeblich spekulativen Elemente des Marxismus ersetzten sie mit einer kantischen Grundlage, die eine klare Trennung zwischen den empirischen Fakten und den idealen Aspekten einforderte.IV.  DER UNTERGANG DES MARBURGER LINKSKANTIANISMUSVor und während des Ersten Weltkrieges ist eine the-matische Veränderung bei Cohen und Natorp zu erkennen, die auch mit dem Untergang des Marburger Linkskantianis-mus verbunden ist. Auch 1916, als die Kriegsbegeisterung der Vorkriegszeit bereits abgeklungen war, vertrat Natorp noch weiterhin die Meinung, dass allein Deutschland im Namen der Vernunft handele, während er die anderen Großmäch-te beschuldigte, von imperialistischen Ideologien verblendet zu sein.Innerhalb der sozialdemokratischen Partei, die kurz vor dem Krieg einige Wählerstimmen lukrierte, hielt sich die Kriegsbegeisterung in Grenzen. Einige erkannten, dass der Imperialismus eine kapitalistische Ausbeutung fremder Kul-turen war. Ein Krieg zur Erweiterung der Macht war ihrer Meinung nach nicht legitimiert. 1914 gab die Partei an, aus-schließlich einem Verteidigungskrieg zuzustimmen, was sie am 30. Juni auch tat (Nipperdey 2013: 692). Noch im selben Jahr zeigte sich aber, dass sich die Kriegsstrategie nicht auf Verteidigung beschränkte. Weil der radikalere Flügel der so-zialdemokratischen Partei die imperialistische Kriegsführung nicht unterstützte, kam es zu einer Spaltung innerhalb der Partei. Mit Karl Liebknecht an der Spitze löste sich die neu gegründete USDP von der Sozialdemokratie und wandte sich thematisch dem internationalen Klassenkampf zu. Die Sozi-aldemokratie entwickelte sich hingegen zu einer „nationa-len Reformpartei“, die die aktive Haltung Deutschlands im Kriege weiterhin unterstützte (Nipperday 2013: 784). Diese realpolitische Spaltung spiegelte sich auch im intellektuellen Diskurs – allen voran bei Natorp – wider.Überzeugt von der Legitimität der Stellung Deutschlands meinte Natorp: „Deutschland“ habe sich zu einem „Welt-volk“ entwickelt, weil es eingesehen habe, dass „über allen“ ein „Höheres“ walte: „heiße es Gott, heiße es Geist, die Ver-nunft der Weltentwicklung, oder wie immer. Das hat uns auf unseren Posten gestellt, den müssen wir kämpfend behaup-ten, oder fallen“ (Natorp 1918: 2). Nur das „deutsche Volk“ kämpfe für Freiheit und Vernunft; vorerst noch in nationalen Kategorien, aber in weiterer Folge auch über die nationalen Grenzen hinweg.Um die These zu untermauern, dass Deutschland Vor-reiter in der kulturellen Entwicklung sei, führte Natorp ei-nen kulturellen Vergleich an. Sein Wissen über die indische 


 28 | ZUKUNFT DER MARBURGER LINKSKANTIANISMUS VON ELISABETH THERESIA WIDMERPhilosophie hielt sich zwar in Grenzen, dennoch meinte er – basierend auf einem übersetzten Werk von Tagore – urtei-len zu können, dass die „orientalische Gedankenwelt“, noch in einer Phase stecke, die mit dem „abendländischen Mittel-alter“ zu vergleichen sei (Natorp 1918: 40). Zwar habe das in-dische Denken bereits einen Begriff vom Absoluten; dieser stecke aber noch im mythischen und vorkritischen Stadium der Vernunft. Wie im abendländischen Mittelalter werde das Absolute im indischen Denken nämlich noch sinnlich auf-gefasst: „alles Leben, alle Seele“ atme „zuletzt einen Atem“ (Natorp 1918: 41). Damit urteilt Natorp, dass „der Jahrtau-sende alte Riß der Weltanschauung zwischen Ost und West“ zwar existiere, aber nicht „unüberbrückbar“ sei – eine An-sicht, die der englische, imperialistische Volksgeist nicht tei-le (Natorp 1918: 48).Bis ins Zeitalter der Moderne behandelt Natorp in seiner historischen Abhandlung das abendländische Denken als ein einheitliches; in der Moderne angekommen, nimmt er nun die Gegenüberstellung Deutschland-England auf. Allgemein zeichne sich die Moderne durch einen „immer stärker“ wer-denden „Drang der Befreiung“ aus (Natorp 1918: 101). Die Nationalitäten lässt Natorp zwar unerwähnt; zwischen den Zeilen wird aber deutlich, dass England im Kampf um den fortschrittlichsten Geist durch William Shakespeare (1564–1616) vertreten wird, während er Deutschland mit Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832) ins Rennen schickt. Da-mit argumentiert Natorp, dass es England verabsäumt habe, den letzten Schritt der Aufklärung – den Einstieg in den kri-tischen Idealismus – zu durchlaufen.Zwar argumentiert er, dass Shakespeare der Renaissance voraus war, weil im Denken Shakespeares das „geschichtliche Bewusstsein“ aber fehle, meint Natorp, dass auch dieser letz-ten Endes im mittelalterlichen Denken verhaftet blieb (Na-torp 1918: 105–106). Goethe hingegen erhält bei ihm eine unangefochtene, vorrangige Position. Wenn Natorp schreibt, dass „jedes Volk in sich“ sein „Verwüster“ sei, so mag es auf den ersten Blick so scheinen, als sei doch noch ein Funke der Selbstkritik in seiner Abhandlung zu finden (Natorp 1918: 125). Doch auch hiervon nimmt er Deutschland aus. Verwüs-tet sei die „friedliche Arbeit, die uns lieb, unser Heim, in dem uns wohl war, alles, was wir pflanzten und hegten“ durch das „unselige Baconsche ‚Königreich des Menschen‘“; den Na-turalismus der Briten macht er für die problematische „Na-turbeherrschung“ verantwortlich (Natorp 1918: 125–126).V. KONKLUSIONNicht zuletzt aufgrund dieser kultur-chauvinistischen Haltung gerieten die Marburger in der Geschichte linker Theorien in Vergessenheit. Cohen, der 1918 gestorben war, konnte nichts mehr dazu beitragen, die Fehler zu korrigieren und eine – für die Zeit geeignete – Theorie auszuarbeiten. Natorp versuchte zwar, mit dem Werk Sozial-Idealismus (1920) mit den Fehlern aufzuräumen, die sie in der Kriegszeit begangen hatten, doch auch dieser Versuch scheiterte.Wenn später, in der Mitte des 20. Jahrhunderts, linke Theoretiker wie Max Horkheimer (1895–1973) und Ernst Bloch (1885–1997) den Marburger Neukantianismus kritisie-ren, dann ist es vor allem diese unkritische Einstellung gegen-über dem kulturellen Chauvinismus, den sie hierbei in den Blick nehmen. In einer Rede aus dem Jahre 1954 kritisier-te Bloch nicht zu Unrecht, die Neukantianer hätten zu einer „Pervertierung Kants“ beigetragen, die dazu geführt habe, dass die „bürgerlich-revolutionären Auftriebe und Elemen-te“ ausgelöscht wurden (Bloch [1954] 1967: 351). Eine eben-so radikale Ablehnung der Schule lässt sich in Horkheimers Bestandsaufnahme der Sozialphilosophie im Jahre 1931 ver-merken. Horkheimer kritisiert, dass – neben vielen anderen – auch von Cohen ein „Geltungs- und Sollensbereich“ ver-teidigt wurde, der zu einer problematischen übersinnlichen Begründung der Sozialphilosophie führte, die an der Realität vorbeiging (Horkheimer [1931] 2009: 26).Trotz der fruchtbaren Zugänge zu Kant, die der Marbur-ger Linkskantianismus erarbeitete, blieb die Schule damit als eine in Erinnerung, die dem kultur-imperialistischen Chau-vinismus dieser Zeit verschrieben war.ELISABETH THERESIA WIDMERist Doktorandin und Universitätsassistentin am Institut für  Philosophie an der Universität Wien. Sie erforscht die Anfänge und  Entwicklungen des Marburger Linkskantianismus und ist Mitglied des BSA.


DER MARBURGER LINKSKANTIANISMUS VON ELISABETH THERESIA WIDMER ZUKUNFT | 29 LiteraturBloch, Ernst (1974): „Zweierlei Kant-Gedenkjahre“, in: Kopper, Joachim/Malter, Rudolf (Hg.): Immanuel Kant zu Ehren, Frankfurt am Main: Suhrkamp.Cohen, Hermann (1981 [1904]): Die Ethik des reinen Willens, hg. v. Her-mann-Cohen-Archiv am Philosophischen Seminar der Universität Zürich mit einer Einleitung von Steven S. Schwarzschild, 5. Aufl., Hildesheim/Zürich/New York: Georg Olms (=Werke Bd. 7).Cohen, Hermann (2001 [1876]): Kants Begründung der Ethik, hg. v. Her-mann-Cohen-Archiv am Philosophischen Seminar der Universität Zürich mit einer Einleitung von Peter Müller und Peter A. Schmid, 3. Aufl., Hildesheim/Zürich/New York: Georg Olms (= Werke Bd. 2).Eckert, Georg (1968): Friedrich Albert Lange. Über Politik und Philoso-phie. Briefe und Leitartikel 1862 bis 1875, Duisburg: Walter Braun.Von Helmholtz, Hermann (1959): „Die Tatsachen in der Wahrnehmung“, Rede, gehalten zur Stiftungsfeier in der Friedrich-Wilhelms-Univer-sität zu Berlin am 3. August 1878, in: Ders. (Hg.): Die Tatsachen in der Wahrnehmung; Zählen und Messen erkenntnistheoretisch betrachtet, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 9–74.Holzhey, Helmut (1986): Cohen und Natorp. Der Marburger Neukantia-nismus in Quellen, Band 2, Basel/Stuttgart: Schwabe&Co.Horkheimer, Max (2009): Gesammelte Schriften, Band 3: Schriften 1931–1936, hg. v. Alfred Schmid, Frankfurt am Main: Fischer.Kolakowski, Leszek (1988): Die Hauptströmungen des Marxismus. Entste-hung – Entwicklung – Zerfall. Übersetzung aus dem Polnischen von Friedrich Griese, 3. Aufl., München: Piper.Köhnke, Klaus C. (1986): Entstehung und Aufstieg des Neukantianismus. Die deutsche Universitätsphilosophie zwischen Idealismus und Positi-vismus, Frankfurt am Main: Suhrkamp.Lange, Friedrich A. (1870): Die Arbeiterfrage. Ihre Bedeutung für Ge-genwart und Zukunft. 2. veränderte Aufl., Winterthur: von Beuler-Hausheer&Co.Lange, Friedrich A. (2015 [1866]): Geschichte des Materialismus und Kri-tik seiner Bedeutung in der Gegenwart. 2. veränderte Aufl., Berlin: Contumax Gmbh.Marx, Karl/Engels, Friedrich (2017 [1848]): Das Kommunistische Mani-fest, Luxemburg: 1st Page Classics.Marx, Karl (1982 [1843/44]): Werke – Artikel – Entwürfe. März 1843 bis August 1844, hg. vom Institut für Marxismus-Leninismus beim Zen-tralkomitee der Kommunistischen Partei der Sowjetunion und vom Institut für Marxismus-Leninismus beim Zentralkomitee der Sozialis-tischen Einheitspartei Deutschlands, Text mit Apparat, Berlin: Dietz (=MEGA 1. Abt. Bd. 2).Natorp, Paul (1918): Der Deutsche Weltberuf. Geschichtsphilosophische Richtlinien, Jena: Diederich.Natorp, Paul (1899): Sozialpädagogik. Theorie der Willenserziehung auf der Grundlage der Gemeinschaft, Stuttgart: Frommanns.Nipperdey, Thomas (2013 [1992]): Deutsche Geschichte 1866–1918. Band II. Machtstaat vor der Demokratie. Mit einem Nachwort von Paul Nolte, München: C. H. Beck.Retter, Hein (2007): „Friedrich Albert Lange als pädagogisch-politischer Denker“, in: Crotti, Claudia/Gonon, Philipp (Hg.): Pädagogik und Politik. Historische und aktuelle Perspektiven. Festschrift für Fritz Osterwalder, Bern: Haupt, 89–109.Sieg, Ulrich (1994): Aufstieg und Niedergang des Marburger Neukanti-anismus. Die Geschichte einer philosophischen Schulgemeinschaft, Würzburg: Königshausen und Neumann.Sieg, Ulrich (2013): Geist und Gewalt. Deutsche Philosophen zwischen Kaiserreich und Nationalsozialismus, München: Carl Hanser.Stammler, Rudolf (1902): Die Lehre vom richtigen Rechte, Berlin: J. Gut-tentag.Stammler Rudolf (1896): Wirtschaft und Recht nach der materialistischen Geschichtsauffassung. Eine sozialphilosophische Untersuchung, Leip-zig: Veit&Comp.Treitschke, Heinrich (1878): Der Socialismus und der Meuchelmord. Ab-druck aus dem 41. Bande der Preußischen Jahrbücher, Berlin: Riemer.Windelband, Wilhelm (1924a): „Was ist Philosophie? Über den Begriff und Geschichte der Philosophie“, in: Ders. (Hg.): Präludien. Aufsätze und Reden zur Philosophie und ihrer Geschichte. Erster Band, 9. Aufl., Tübingen: Mohr (Paul Siebeck), 1–54.Windelband, Wilhelm (1924b): „Vom Prinzip der Moral“, in: Ders. (Hg.): Präludien. Aufsätze und Reden zur Philosophie und ihrer Geschichte. Zweiter Band, 9. Aufl., Tübingen: Mohr (Paul Siebeck), 161–194.


 30 | ZUKUNFT BenchMarking – Colours of LoveBänke gestaltet von Karl Kilian, Ort: Donaukanal, 3. Bezirk, Höhe Durchgang Löwengasse


 ZUKUNFT | 31 BENCHMARKING – COLOURS OF LOVEBenchMarking – Colours of Love Bank gestaltet von Rica Fuentes Martinez, Ort: Liesingbach


 32 | ZUKUNFT SOZIALDEMOKRATIE – EINE HISTORISCHE MISSION … ? VON ALESSANDRO BARBERII. EINLEITUNGDie hier zusammengestellten Ideen, Erwägungen und Vor-schläge werden zu einem Zeitpunkt ausformuliert, an dem von unterschiedlichen Seiten und mit mehr als sympatheti-schen Bedenken eine tiefe ideologische Krise der Sozialde-mokratie konstatiert wurde. Eine Krise, die im Sinne einer vielleicht letzten notwendigen Kritik weiterhin hervorzuhe-ben bleibt (Barberi 2019a; 2019b). Denn noch die Aufrufe, sich – nicht zuletzt ob der Rückständigkeit und des gegen-aufklärerischen Charakters des österreichischen Katholizismus – zwischen Tod und Wiederauferstehung (Scheiber 2019) der eigenen historischen Größe zu besinnen, sind in den letzten Jahren verhallt. Dies nicht zuletzt durch den permanenten Verweis auf realpolitische „Sachzwänge“ und vermeintliche Wahlkampfnotwendigkeiten, die einer gravierenden poli-tischen Kapitulationserklärung entsprechen. So ist es nach über 30 Jahren mehr als auffällig, dass die Sozialdemokratie nach dem Fall der Mauer und dem Untergang der realsozia-listischen Staaten mit dem harten Einschwenken auf den sog. Dritten Weg (Giddens 1999) ihre eigene ideologische Legiti-mität und außenpolitische Relevanz im Sinne des Internatio-nalismus fast zur Gänze verloren hat.Denn  erstens waren ihre unnötigen Reaktionen auf den neoliberalen, neokonservativen, globalisierten bzw. digita-len Kapitalismus (Staab 2019) damit verbunden, die eige-ne Tradition des Kantianismus und/als Marxismus – z. B. von Victor Adler über Max Adler, Rosa Jochmann, Bruno Kreisky (Petritsch 2010) und Johanna Dohnal – buchstäb-lich zu Grabe zu tragen. Zweitens hat sie unter dem Ansturm des Rechtspopulismus aufgehört, die eigene Klientel und Stammwähler*innenschaft nicht nur auf nationaler, sondern vor allem auf internationaler Ebene zu repräsentieren. Sie hat sich vielmehr mit ihren vermeintlichen Spitzenpolitiker*innen angesichts der „Globalisierung“ im Grunde aus ihrer einstigen Verankerung in der Arbeiter*innenbewegung verabschiedet. Insofern ist drittens auch ein Niedergang der sozialdemokra-tischen Außenpolitik zu vermerken, der zutiefst mit ihrer fast nicht mehr abwendbaren Krise identisch ist, da der zurück-geschraubte Blick auf die national(istisch)en Befindlichkeiten von der politischen Rechten seit jeher besser bedient wird. So stellt sich denn auch viertens und abschließend die Frage, wel-che Möglichkeiten überhaupt noch bestünden im Rückgriff auf die historische Mission der Sozialdemokratie mit Weg und Ziel in die Zukunft zu schreiten, um angesichts dieser real- und außenpolitischen Titanic u. a. durch den Wiederaufbau einer internation(alistisch)en Außenpolitik zu retten, was viel-leicht noch gerettet werden könnte.II.  VON DER HISTORISCHEN UND IDEOLO-GISCHEN GRÖSSE DER SOZIALDEMOKRA-TIE ZWISCHEN AUSTROKANTIANISMUS UND AUSTROMARXISMUSÜberblicken wir am Beginn des 21. Jahrhunderts und rund 30 Jahre nach dem Ende des „goldenen Zeitalters“ zwi-schen 1945 und 1989 (Hobsbawm 1999) die Rolle der Sozi-aldemokratie auch und vor allem im Sinne der Erfolge der Sozialistischen Partei Österreichs, so sind z. B. die immer wie-derkehrenden Rekurse auf das Rote Wien ideologisch ver-wunderlich. Denn genau genommen stellen die Wiener Gemeindebauten den architektonischen Niederschlag des Aus-tromarxismus dar, der – gerade angesichts des Gesamtwerks von Rudolf Hilferding (2000) oder Max Adler (1922) – im Vergleich zu anderen Marxismen auch als Austrokantianis-Sozialdemokratie – Eine historische Mission … ?Der Beitrag von ALESSANDRO BARBERI versucht aus dem Blickwinkel progressiver Programmatik herauszuarbeiten, wie die ideologische Verwerfung von Austrokantianismus und Austromarxismus im Rahmen der letzten 30 Jahre die Sozial­demokratie von ihren historischen Erfolgen und damit auch von ihren Wähler*innen trennt … Back to the Roots! Back to the Future!


 ZUKUNFT | 33 mus bezeichnet werden kann. Die intellektuelle Größe der 1920er-Jahre, die auch als Endmoräne großer Anstrengungen der Arbeiter*innenbildungsvereine seit dem 19. Jahrhundert zu verstehen ist, markiert dabei einen theoretischen und prak-tischen Bestand, der nach wie vor zur Aktualisierung drängt.Dabei war die österreichische Arbeiter*innenbewegung zutiefst mit anderen Ländern verbunden und mithin dem Internationalismus zwischen Weltbürger*innen (Kant) und Weltproletarier*innen (Marx) auf allen Ebenen verpflich-tet. Insofern ist die systematische Distanzierung und bewuss-te Infragestellung von Marx und dem Marxismus (Hobsba-wm 2012), die seit geraumer Zeit auch in den Reihen der Sozialdemokrat*innen grassieren, sogar angesichts des sog. Neoliberalismus sehr bedenklich. Denn damit wird auch der spezifisch österreichische Anteil des Kantianismus in der sozi-alistischen Geschichte der Sozialdemokratie gezielt unter Be-schuss genommen. Dadurch werden indes mit der Negation des (proletarischen) Sozialismus (Honneth 2015) auch die Vor-züge des (bürgerlichen) Liberalismus (Habermas 1990) ideo-logisch ad acta gelegt. Dass damit auch jede legitime Demo-kratievorstellung verneint wird, scheint niemanden zu stören. Vielmehr kann vermerkt werden, dass der diesbezügliche the-oretische und intellektuelle Niedergang der Sozialdemokratie mit dem Aufstieg einer (kleinbürgerlichen) Parteinomenkla-tura und der damit verbundenen Distanzierung der proletari-schen Wähler*innen identisch ist. Dies hat sich nicht zuletzt in der Diskussion von Didier Eribons Rückkehr nach Reims (Eribon 2016) mehrfach gezeigt, da die in diesem Sinne „auf-gestiegenen“ Sozialdemokrat*innen habituell (Krais/Gehbau-er 2002) nur so tun können, als wären sie Teil der Bourgeoisie oder Aristokratie. Die Arbeiter*innen fühlen sich demgemäß nicht repräsentiert, weil sie eben auch nicht von den gewählten Repräsentant*innen repräsentiert werden.Deswegen werden sie für Rechtspopulist*innen anfällig, die ihnen zumindest an der Oberfläche demokratiepolitisch und verfassungsrechtlich das Wort erteilen, ohne ihre Inte-ressen auch nur irgendwie zu vertreten, ganz im Gegenteil. Die Spitzenfunktionär*innen der Sozialdemokratie repräsen-tieren sich – wie die gesamte politische Klasse Österreichs – vor allem selbst und behindern damit auf allen Ebenen die konzertierte Schlagkraft der Arbeiter*innenbewegung. Eine Bewegung, die auf funktionierende Gewerkschaften genauso angewiesen wäre, wie auf eine ideologisch und programma-tisch kantig aufgestellte Partei und zumindest sympathisieren-de Kopfarbeiter*innen. Denn in einer solchen kampfberei-ten internationalen Kooperation progressiver Kräfte bestand   u. a. die historische und ideologische Größe der Sozialisti-schen Partei zwischen Neukantianismus und/als Austromar-xismus, was gerade angesichts einer mehr als mangelhaften Außenpolitik wieder eingehend diskutiert werden müsste.III.  VOM INTERNATIONALISMUS ALS GEGENGIFT ZUM RECHTSPOPULISMUSMit den Polemiken und ethischen Grenzüberschreitungen des verfassungsrechtlich an der Universität Wien promovier-ten Mannes aus dem Bärental hat sich im Rahmen der letz-ten 35 Jahre – wir denken an 1986, das dunkelste Jahr der österreichischen Zeitgeschichte der Zweiten Republik, also an die Causa Waldheim (Beckermann 2018) und die FPÖ nach Norbert Steger – darüber hinaus der Deutschnationa-lismus hinter einem österreichischen Nationalismus verbor-gen. Schlussendlich wurde aber die illegale Kornblume der Nationalsozialist*innen wieder sehr sichtbar und in aller Öf-fentlichkeit in ein von Neo- und Austrofaschist*innen über-nommenes Parlament getragen (vgl. nach wie vor Tálos/Neugebauer 2014). Dabei wurden sukzessive die konsensualen Bereiche der Zweiten Republik auf die Dritte (Haider 1993) vorbereitet und nicht zuletzt durch Rhetoriken der Neuro-Linguistischen Programmierung (NLP) auch in eben dieser Öf-fentlichkeit (und den bürgerlichen Salons) verankert. Genau dadurch wurden in einer funktional ausdifferenzierten Gesell-schaft die strikt individuellen Freiheiten im Sinne des Neo-liberalismus zu einer neuen Regierungsmentalität (Foucault 2006), auf welche die Sozialdemokratie gerade nicht mit In-ternationalismus reagierte, sondern sich im Gegenteil in eben diesen partikularistischen Nationalismus treiben ließ.Zwischen lokal-, kommunal- und bundespolitischen Kon-stellationen (und Befindlichkeiten) wurde der Internationa-lismus durch tatkräftige Mithilfe und wider besseres Wissen so zu Grabe getragen wie die oben erwähnten ideologischen und programmatischen Bestände aus den erfolgreichsten Zei-ten der SPÖ. Denn in der Sozialistischen Partei Österreichs galt der Internationalismus seit dem 19. Jahrhundert im Sinne von Kooperation, Solidarität und verbindender Zusammenarbeit (Sennet 2012) als ein entscheidendes Gegengift für grassieren-de Chauvinismen, Rassismen und Nationalismen, die im 20. Jahrhundert mit den beiden Weltkriegen zum grauenhaftes-ten Menschheitsverbrechen, dessen wir uns erinnern können, der Shoah, führten. Eingedenk dessen wäre ein – auch an den Standards einer sozialen und demokratischen Nationalismus-forschung orientierter – Inter-Nationalismus angesichts der ka-


 34 | ZUKUNFT pitalistischen Globalisierung von digitalen Finanzmärkten ge-rade aus weltbürgerlicher Sicht nach wie vor unabdingbar. Angesichts der sukzessiven Delegitimierung der United Na-tions (UNO) stellt er die einzige Möglichkeit dar, den Globus durch tatkräftige Außenpolitik wieder zu demokratisieren, nachdem sich heute durchaus die Frage stellt, ob wir es noch mit Neo-Liberalismus zu tun haben oder nicht viel mehr mit Neofeudalismus und Neokolonialismus, also den übels-ten Formen des Kapitalismus, dessen Krisenanfälligkeit aktuell wieder deutlich und regelmäßig vor Augen steht. Denken wir dabei nur an das Platzen der Dotcom-Blase 2000, die Finanz-krise 2007/2008 und die aktuelle Corona-Krise 2020. Deut-lich wird in diesem Zusammenhang, dass diese Globalisierung nichts anders ist als die erneut erstarkende Brutalität des Spät-kapitalismus (Ditfurth 2009; Streeck 2013).Dabei ist es notwendig, dass auch in der Lokalpolitik die Werte der Demokratie zumindest theoretisch im Sinne un-serer Bundesverfassung für alle Bürger*innen verbindlich gemacht werden. Welche Schwierigkeiten indes damit ver-bunden sind, zeigen alle schlussendlich brutal bekämpften Versuche, die deregulierte Ökonomie in staatlicher Hand zu halten und damit die vermeintliche Freiheit der Märkte im Sinne eines Sozial- und Wohlfahrtsstaates (Bourdieu 2014) zu regulieren. Insofern muss gerade außenpolitisch im Rück-griff auf die Idee des Sozialismus eine sozialistische als inter-nationalistische Strategie (Laclau/Mouffe 2014) im Sinne An-tonio Gramscis wieder hegemonial werden. Daher empfehlen sich auf allen Ebenen der Politik auch (vorsichtige) Formen des – sozial und demokratisch abgesicherten – Linkspopulis-mus (Mouffe 2014), um lokal, national, kontinental und global der stagnierenden Außenpolitik auf die partizipatorischen und volkssouveränen (Maus 2011) Sprünge zu helfen.IV.  VON DER ABWESENHEIT DER AUSSENPOLITIK ANGESICHTS DES DIGITALEN KAPITALISMUSInsofern gibt der Titel des soeben erschienenen Sammel-bandes Sozialdemokratische Außenpolitik – Historisches Selbstver-ständnis und aktuelle Ausblicke (Müller/Weinstabl 2021), in dem auch der vorliegende Beitrag publiziert wurde, vermeintlich alte als neue Antworten zu denken. Denn die Kapital- und d. h. Machtkonzentration globaler Konzerne (z. B. Amazon, Google, Facebook, Apple, Microsoft, Alibaba oder Tencent) führt in fast klassischer Form zur Eigentumsfrage, die aus sozialdemo-kratischer Sicht zumindest durchgängig mit harter Umvertei-lung beantwortet werden müsste. Es sollte aber in dieser Causa auch gedacht werden können, dass tatsächlich nur eine (wenn auch weit ausstehende) Revolution helfen könnte, wären doch die modernen Demokratien ohne die englische, amerikani-sche, französische sowie russische Revolution und ihre (demo-kratischen) Errungenschaften schon verfassungsmäßig schier unmöglich. Werden wir also den Kapitalismus jemals ohne Ge-walt abschaffen (und hier ist demokratisch geteilte Gewalt ge-meint)? Da die Gewalt der sog. Globalisierung nichts anderes ist als ein „internationaler“ digitaler Kapitalismus, wäre deshalb auf allen Ebenen der politischen Zuständigkeit die Gleichheit aller Menschen zu fordern, sei es juristische – das Weltbürger-tum Kants auch bei Hans Kelsen (1981) – sei es sozioökonomi-sche – das Weltproletariat Marxens auch bei Max Adler (1922) – Gleichheit.Dass Außenpolitik in diesem Zusammenhang – wie alle anderen Bereiche der Politik – am Gängelband wirtschafts-diktatorischer Imperative und Interessen hängt und sich eben nicht frei spielen kann, bindet sozialdemokratische Politik bei aller praktischen Infragestellung zu einer strengen theoreti-schen Haltung hinsichtlich des Internationalismus als Innen- und Außenpolitik. Freilich mag es angesichts der Reste „na-tionalstaatlich“ vorhandener Sozialstaaten manchen plausibel erscheinen, die globalen und internationalen Verhältnisse zur Seite zu schieben und die Abwesenheit der Außenpolitik auch noch durch ihre deutlich national(istisch)e Delegitimierung abzusegnen. Dies führt indes – etwa angesichts der interna-tionalen Flüchtlingsproblematik – nur zu einer Verschiebung des Problems, sei es erstens hinsichtlich der damit auftauchen-den Ununterscheidbarkeit von Rechts- und Linkspopulismus oder sei es zweitens angesichts der Tatsache, dass aus dem Blick gedrängt wird, wie stark der kapitalistische „Westen“ eine de-vastierende und kriegsgeile globale Wirkung im neuen Klas-senkampf hat (Žižek 2015). Deshalb sollte parallel zu den loka-len (z. B. Bezirksvertretungen), nationalen (z. B. Nationalrat) und kontinentalen (z. B. Europäischer Rat und Europäisches Par-lament) Politiken auch auf globaler Ebene (und im Sinne der ursprünglichen Form der Vereinten Nationen) ein globaler So-zial- und Wohlfahrtsstaat gerade von Sozialdemokrat*innen gehalten und gefordert werden. Denn dafür gab und gibt es die Sozialdemokratie schlussendlich!Dabei ist auch zu vermerken, dass die Phänomene der Di-gitalisierung, Automatisierung und Mediatisierung seitens der Sozialdemokratie des Dritten Weges gravierend unterschätzt wurden. Historisch betrachtet hätte zumindest angesichts der dritten (Computer) und vierten (Netzwerke) industriellen Re-volution gerade eine einstige Arbeiter*innenpartei auch souve-SOZIALDEMOKRATIE – EINE HISTORISCHE MISSION … ? VON ALESSANDRO BARBERI


 ZUKUNFT | 35 rän auf die Veränderungen der (post-)industriellen Arbeitspro-zesse reagieren müssen, was indes nie geschah und jetzt eher schleppend nachgeholt werden soll. Wo hätte der (digitale) „Maschinensturm“ im Rahmen der Sozialdemokratie stattge-funden? In Wahrheit lief sie diesen bemerkenswerten Entwick-lungen und großen Transformationen der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) planlos hinterher, obwohl ge-rade Technologien als Produktionsbedingungen historisch von den Praktiker*innen (d. h. Handarbeiter*innen) der Bewe-gung gestaltet und genutzt sowie von den Theoretiker*innen (d. h. Kopfarbeiter*innen) analysiert und verstanden wurden.Das Problemfeld des „Digitalen Kapitalismus“ wurde mithin nicht einmal gebührend wahrgenommen, weshalb es utopisch zu sein scheint, eine Sozialdemokratie 4.0 zu for-dern, die sich auch ihrer eigenen technologischen (Medien-)Kompetenz(en) entsinnt. Angesichts der Digitalisierung wäre es aber notwendig, in analoger und digitaler Form Wider-stand gegen die wiedererstarkenden Ausbeutungs- und Un-terdrückungsformen zu planen und umzusetzen. Dies gerade im Sinne des Kommunitären und Gemeinsamen von Creative Commons über Gemeinwohl und/als Common Wealth (Hardt/Negri 2010) bis hin zu einer Aktualisierung der Diskussionen zum Kommunitarismus (Vogl 1994).SOZIALDEMOKRATISCHE AUSSENPOLITIKHG. VON BERNHARD MÜLLER  UND CONSTANTIN WEINSTABLWien: Promedia360 Seiten | € 23,00ISBN: 978­3853714843Erscheinungstermin: August 2021ISBN 978­3­99065­044­8V.  CONCLUSIO: VON DER HISTORISCHEN  MISSION DER SOZIALDEMOKRATIEBedenken wir mithin, dass die Negation des Kantianismus und/als Marxismus in den zu aktualisierenden Traditionsbe-ständen der österreichischen Sozialdemokratie nicht nur skan-dalös, sondern buchstäblich fatal ist, so wird deutlich, warum auch in Österreich die Linke fehlt (Losurdo 2017). Sie fehlt, weil sie durch interne Widersprüche zersplittert ist, den Inter-nationalismus abgelegt hat, die progressiven Kräfte sich nicht einigen können und auch die Rechten in der SPÖ linke Al-lianzen auf das Übelste bekämpfen. Letzteres führt à la lettre dazu, den Rechtspopulismus als Rechtsradikalismus zu schüt-zen. Dies aus einem mehr als kurzsichtigen Grund: es müssen etwaige Koalitionen mit Austro- und Neofaschist*innen aus realpolitischem Kalkül in Kauf genommen werden, um eine angeblich notwendige Regierungsbeteiligung nicht zu gefähr-den. Diese Strategie führt aber direkt in den politischen Tod und sicher nicht zur Wiederauferstehung. Dies vor allem im Bereich der (im Grunde nicht mehr existenten) Außenpolitik.Dass die Sozialdemokratie dahingehend auf allen analyti-schen Ebenen des politischen Spiels versagt hat, um die Arena der politischen Rechten zu überlassen, müsste möglichst rasch zu einer grundlegenden Änderung der Strategie, der Ideolo-gie und der Programmatik führen, um zumindest in die Nähe der Bedürfnisse und Anliegen der „einfachen Leute“ (Misik 2019) zu kommen. Insofern wäre auch angesichts der heutigen (digitalen) Medientechnologien, die gegenwärtig die Produk-tionsbedingungen unserer Gesellschaft(en) darstellen, ein pro-gressiver Rückgriff auf die besten Bestände der österreichi-schen Arbeiter*innenbewegung die einzige Möglichkeit der historischen Mission der Sozialdemokratie auch im Rahmen einer international(istisch)en Außenpolitik gerecht zu werden.Die österreichische Sozialdemokratie hatte und hätte nach dem hier Diskutierten also ein progressives und deutlich linkes mission statement … Back to the roots! Back to the future!Dieser Beitrag erscheint in gedruckter Form gleichzeitig in: Müller, Bernhard/Weinstabl, Constantin (Hg.) (2021): So-zialdemokratische Außenpolitik. Historisches Selbstverständ-nis und aktuelle Ausblicke, Wien: Promedia.ALESSANDRO BARBERI  ist Chefredakteur der ZUKUNFT, Bildungswissenschaftler,  Medienpädagoge und Privatdozent. Er lebt und arbeitet in Magdeburg und Wien. Politisch ist er in der SPÖ Landstraße aktiv. Weitere Infos und Texte online unter: https://lpm.medienbildung.ovgu.de/team/barberi/


 36 | ZUKUNFT LiteraturAdler, Max (1922): Die Staatsauffassung des Marxismus. Ein Beitrag zur Unterscheidung von soziologischer und juristischer Methode, Wien: Wiener Volksbuchhandlung.Barberi, Alessandro (Hg.) (2019): ZUKUNFT 07/2019 – Diskussions-zeitschrift für Politik, Gesellschaft und Kultur: Hat Österreich eine ZUKUNFT? I, Wien: Gesellschaft zur Herausgabe der Zeitschrift ZUKUNFT, online unter: https://tinyurl.com/a4k2ss (letzter Zu-griff: 08.10.2020).Barberi, Alessandro (Hg.) (2019): ZUKUNFT 08/2019 – Diskussions-zeitschrift für Politik, Gesellschaft und Kultur: Hat Österreich eine ZUKUNFT? II – Die letzte Kritik, Wien: Gesellschaft zur Her-ausgabe der Zeitschrift ZUKUNFT, online unter: https://tinyurl.com/47jrh7z8 (letzter Zugriff: 08.10.2020).Beckermann, Ruth (2018): Waldheims Walzer, Dokumentarfilm (AUT), Ruth Beckermann Produktion.Bourdieu, Pierre (2014): Über den Staat, Frankfurt am Main: Suhrkamp.Ditfurth, Jutta (2009): Zeit des Zorns. Streitschrift für eine gerechte Ge-sellschaft, München: Droemer.Eribon, Didier (2016d): Rückkehr nach Reims, Berlin: Suhrkamp.Foucault, Michel (2006): Sicherheit, Territorium, Bevölkerung. Ge-schichte der Gouvernementalität I: Vorlesung am Collège de France, 1977–1978, Frankfurt am Main: Suhrkamp.Giddens, Anthony (1999): Der dritte Weg. Die Erneuerung der sozialen Demokratie, Edition zweite Moderne, Frankfurt am Main: Suhr-kamp.Habermas, Jürgen (1990): Strukturwandel der Öffentlichkeit: Untersu-chungen zu einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft, Frankfurt am Main: Suhrkamp.Haider, Jörg (1993): Die Freiheit, die ich meine. Das Ende des Proporz-staates. Plädoyer für die Dritte Republik, Frankfurt am Main: Ull-stein.Hardt, Michael/Negri, Antonio (2010): Common Wealth. Das Ende des Eigentums, Frankfurt am Main: Campus.Hilferding, Rudolf (2000): Das Finanzkapital. Eine Studie über die jüngste Entwicklung des Kapitalismus, Düsseldorf: Verl. Wirtschaft und Finanzen.Hobsbawm, Eric J. (1999): Das Zeitalter der Extreme. Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts, München: dtv.Hobsbawm, Eric J. (2012): Wie man die Welt verändert. Über Marx und den Marxismus, München: Hanser.Honneth, Axel (2015): Die Idee des Sozialismus. Versuch einer Aktuali-sierung, Berlin: Suhrkamp.Krais, Beate/Gebauer, Gunter (2002): Habitus, Bielefeld: transcript.Kelsen, Hans (1981): Vom Wesen und Wert der Demokratie, Tübingen: Scientia.Laclau, Ernesto/Mouffe, Chantal (2014) Hegemony & Socialist Strategy. Towards a Radical Democratic Politics, London: Verso.Losurdo, Domenico (2017): Warum die Linke fehlt … Gesellschaft des Spektakels – Krise – Krieg, Köln: PapyRossa.Maus, Ingeborg (2011): Über Volkssouveränität. Elemente einer Demokra-tietheorie, Berlin: Suhrkamp.Misik, Robert (2019): Die falschen Freunde der einfachen Leute, Berlin: Suhrkamp.Mouffe, Chantal (2014): „Linkspopulismus ist die Alternative“ (Inter-view), online unter: http://www.taz.de/!5049599/ (letzter Zugriff: 08.10.2020).Müller, Bernhard/Weinstabl, Constantin (Hg.) (2021): Sozialdemokrati-sche Außenpolitik. Historisches Selbstverständnis und aktuelle Aus-blicke, Wien: Promedia.Petritsch, Wolfgang (2010): Bruno Kreisky. Die Biografie, Wien: Resi-denz.Scheiber, Oliver (2019): Sozialdemokratie: Letzter Aufruf! Der Weg in den Tod: 10 Vorschläge / Der Weg zur Auferstehung: 10 Vorschläge, Wien: bahoe.Tálos, Emmerich/Neugebauer, Wolfgang (Hg.) (2014): Austrofaschismus. Politik – Ökonomie – Kultur. 1933–1938, Wien: LIT.Staab, Philipp (2019): Digitaler Kapitalismus. Markt und Herrschaft in der Ökonomie der Unknappheit. Berlin: Suhrkamp.Streeck, Wolfgang (2013): Gekaufte Zeit: Die vertagte Krise des demokra-tischen Kapitalismus, Berlin: Suhrkamp.Vogl, Joseph (Hg.) (1994): Gemeinschaften. Positionen zu einer Philoso-phie des Politischen, Frankfurt am Main: Suhrkamp.Žižek, Slavoj (2015): Der neue Klassenkampf. Die wahren Gründe für Flucht und Terror, Ullstein Streitschrift, Berlin: Ullstein.


 ZUKUNFT | 37 BENCHMARKING – COLOURS OF LOVEBenchMarking – Colours of Love Bank gestaltet von einer Teilnehmerin des Projekts, Ort: Donaukanal 3. Bezirk


 38 | ZUKUNFT HARDWARE – HINTERGRÜNDE ZUM GERÄTEKAUF AN BILDUNGSINSTITUTIONEN VON PETER PAWLICKI I.  PROBLEMAUFRISS: ARBEITSVERHÄLTNISSE IN DER ELEKTRONIKINDUSTRIE Die harschen Arbeitsbedingungen in der Elektronikindustrie sind spätestens seit den Selbstmorden beim Zulieferer Foxconn bekannt. Die Organisation der Industrie erschweren jedoch Berichte über die Zustände – die nun allseits bekannten Lie-ferketten, sind zu komplex, zu lang und zu global, als dass sie Nutzer*innen einfach nachvollziehen könnten. Ähnlich der Textil- und Nahrungsindustrie gibt es auch im Elektroniksek-tor freiwillige, industriegeführte Mechanismen der Kontrolle, deren Auswirkungen aber, wiederum ähnlich wie in anderen Sektoren, begrenzt sind. In den letzten Jahren ist die öffentli-che Beschaffung immer stärker in den Fokus gerückt, wenn es darum geht verbindlich soziale Standards in der Elektronikin-dustrie durchzusetzen.Die Elektronikindustrie ist ein sehr junger Wirtschaftssek-tor, der seit seinem Bestehen Mitte des letzten Jahrhunderts nicht nur ein explosives Wachstum erlebt und eine zentra-le Bedeutung in der globalen Ökonomie und dem modernen Leben errungen, sondern auch viele Industrieentwicklungen vorweggenommen hat. In den 1950er–Jahren fing die Elekt-ronikindustrie an als Lieferantin für moderne Waffensysteme der  US-amerikanischen Militär- und Luftfahrtindustrie rapi-de zu wachsen. Sie siedelte damals insbesondere im kaliforni-schen Santa Clara County an, welches später als Silicon Valley berühmt werden sollte.II.  AUFSTIEG UND PRODUKTIONSWEGEBereits Mitte der 1960er–Jahre fiel der Startschuss für die Ent-wicklung globaler Produktionsnetzwerke. Fairchild, ein Chip-hersteller und der Ursprung vieler späterer weltbekannter Start-ups wie z. B. Intel, eröffnete 1964 seine erste Fabrik in Hong Kong. 1966 beschäftigte das Unternehmen schon rund 5000 Menschen in diesem Werk, während es im Ursprungs-land nur 3000 waren. Zur damaligen Zeit beruhte die Her-stellung von Halbleitern noch stark auf Handarbeit und im Betrieb in Hong Kong konnte Fairchild von den sehr niedri-gen Löhnen profitieren. Der Erfolg dieser Idee sprach sich in Kalifornien schnell herum, so dass andere Komponentenfir-men anfingen ihre Herstellung auf die sogenannte Offshore-fertigung umzustellen. Intel eröffnete sein erstes Werk 1972 in Malaysia und 1972 in den Philippinen. Europäische Unter-nehmen standen dem nicht nach, so eröffnete Siemens – seit der Ausgründung firmiert die Halbleitersparte als Infineon – ein Halbleiterwerk in Malakka in Malaysia bereits 1973.Die internationale Arbeitsteilung war damals noch über-sichtlich. Einfache Fertigungsschritte wurden in Billiglohn-länder verlagert, während die anspruchsvollen Arbeitsschrit-te sowie die Produktentwicklung in den Heimatländern der Unternehmen blieben. Spätestens seit den 1990er–Jahren ist die Arbeitsteilung zunehmend komplexer geworden. Einer-seits ist es möglich geworden, komplexere Fertigung zu ver-lagern, da sich auch Kompetenzen vor Ort zunehmend ent-wickelt haben. Mit dem schrittweisen Aufstieg asiatischer Hardware – Hintergründe zum Gerätekauf an  BildungsinstitutionenAngesichts der zunehmenden Digitalisierung unter anderem an Bildungsinstitutionen beschäftigt sich PETER PAWLICKI in seinem Text zu den Hintergründen des Gerätekaufs mit den vielfältigen Aspekten der derzeitigen und zukünftig gewünsch­ten Arbeitsbedingungen in der Fertigung digitaler Endgeräte. Ein Beitrag der zum Nachdenken anregt und uns alle etwas angeht.


 ZUKUNFT | 39 Hersteller*innen und Markenfirmen – zuerst in Japan, dann Südkorea und Taiwan und seit spätestens Mitte der 2000er–Jahre China – findet Technologie- und Produktentwicklung zunehmend in der Region statt. Seit dem Zerfall des Ost-blocks sind die Länder Mittel- und Osteuropas – besonders Ungarn, Tschechien und Polen – als Niedriglohnfertigungs-standorte in die Produktionsnetzwerke der Elektronikindust-rie integriert worden. Für die Versorgung des nordamerika-nischen Marktes wurden Fertigungsstandorte in Mexiko und Brasilien aufgebaut.III.  DAS SYSTEM DER KONTRAKTFERTIGUNGParallel zur Entwicklung der internationalen Arbeitsteilung veränderte sich die Industrieorganisation zunehmend. Bis in die 1970er–Jahre waren Elektronikunternehmen wie IBM vertikal integriert und haben noch alle Komponenten ihrer Produkte selbst entwickelt und hergestellt – von den Speicher-bausteinen über die Leiterplatten und Monitore bis hin zur Systementwicklung sowie der Bereitstellung des Betriebssys-tems und der Applikationssoftware. Alles aus einer Hand und alles auf Grundlage proprietärer Standards. So konnte man die Kund*innen an sich binden sowie die Konkurrenz ausschlie-ßen. Mit der Gründung von Unternehmen wie Intel und Mi-crosoft wurden aber immer mehr die einzelnen Komponenten der elektronischen Systeme von horizontal spezialisierten Fir-men auf Grundlage halb-offener Standards entwickelt, her-gestellt und auf dem offenen Markt zur Verfügung gestellt. Der 1981 von IBM vorgestellte PC etablierte die Idee eines auf hochstandardisierten Komponenten verschiedener Lieferan-ten beruhenden Systems endgültig.Der hohe Standardisierungsgrad erlaubte es IBM Tei-le der Fertigung zentraler Komponenten wie des Mother-boards und später auch der Endfertigung an spezialisierte Auftragshersteller*innen auszulagern. Mit der Entstehung der Elektronikkontraktfertiger wurde eine Entwicklung losgetre-ten, die sich bis heute auf fast jeder Stufe der Produktions-netzwerke in der Elektronikindustrie fortsetzt, aber auch in den meisten anderen globalen Industriezweigen zu beobach-ten ist. Die Kontraktfertiger entwickelten ihr Geschäftsmodell über die letzten drei Jahrzehnte immer weiter. Im Zuge des-sen entstanden gigantische Unternehmen wie Foxconn, Flex-tronics, Quanta, Inventec, Pegatron, Jabil oder  Celestica, die Produkte herstellen, die wir täglich nutzen, von deren Her-stellern die meisten aber noch nichts gehört haben. Marken-firmen wie Apple, Cisco, Dell, HP, Huawei, Lenovo, Samsung, Sony oder Xiaomi haben entweder keine oder nur noch wenig eigene Fertigung. Aus Perspektive der Finanzmärkte ist eine solche Auslagerung sehr vorteilhaft, da dadurch kapitalinten-sive und kostentreibende Teile des Produktionsprozesses abge-stoßen werden.IV.  STANDARDISIERUNG IN HIERARCHISCHEN PRODUKTIONSNETZWERKENDer Begriff der Lieferkette sollte im Lichte der hohen Stan-dardisierung der Komponenten und Prozesse nur vorsich-tig eingesetzt werden. Lieferketten implizieren die Vorstel-lung klar getrennter Produktionsprozesse. Dabei enthalten die von uns genutzten elektronischen Systeme sehr oft die-selben Komponenten oder Komponenten von denselben Hersteller*innen und oft wurde die Endfertigung von den-selben Hersteller*innen, zum Teil sogar an denselben Stand-orten, durchgeführt. Das Bild von Produktionsnetzwerken im globalen Maßstab ist der Realität näher.Die Produktionsnetzwerke der Elektronikindustrie sind stark hierarchisiert. Die Standardisierung erlaubt Marken-firmen schnelle Wechsel zwischen den Anbieter*innen von Komponenten und Fertigungsdienstleistungen. Zusätzlich werden Second Sourcing-Strategien genutzt, um die Kon-kurrenz zwischen Anbieter*innen zu erhöhen und sich ge-gen Risiken abzusichern. Durch Second Sourcing sichern sich die Markenfirmen auch Komponenten aus zwei Quel-len und können so einerseits Risiken vorbauen, so z. B. durch gestörte Lieferketten, die durch einen Taifun verursacht wur-den. Die gesamte Situation erlaubt ihnen aber auch die bei-den Anbieter*innen der Komponente preislich gegeneinander auszuspielen. Die Produktentwicklung und somit die Ent-scheidung was, wie und wann hergestellt wird, liegt in den Händen der Markenfirmen und ist, zusammengenommen mit dem Produktmarketing, die Quelle hoher Profitmargen. Markenfirmen wie Apple können Margen von über 30 % ver-wirklichen, andere weniger erfolgreiche Markenfirmen liegen dennoch bei über 15 %. Bei Kontraktfertiger wie Foxconn oder Flextronics liegen die Margen weit drunter, oft bei 2–3 %.V.  KEIN RAUM FÜR ARBEITSRECHT IN DER ELEKTRONIKPRODUKTIONAls junger Wirtschaftssektor hat die Elektronikindustrie zwar schon viele Arbeitskämpfe gesehen, darf sich aber, aus Ma-nagementperspektive, eines niedrigen Organisationsgrades rühmen. Im Laufe der Jahre haben Industrievertreter*innen 


 40 | ZUKUNFT HARDWARE – HINTERGRÜNDE ZUM GERÄTEKAUF AN BILDUNGSINSTITUTIONEN VON PETER PAWLICKI immer wieder öffentlich erklärt, dass die Elektronikindustrie im Silicon Valley nur überleben kann, wenn sie gewerkschafts-frei bleibt. Auslagerung und Verlagerungen ins Ausland hatten oft auch den Zweck die Betriebe frei von Gewerkschaften zu halten. In vielen Ländern, die einen exportorientierten nach-holenden Entwicklungspfad einschlugen, haben Regierungen durch den Aufbau von Exportverarbeitungszonen, in denen zentrale Arbeitsrechte und so auch das Recht auf Gewerk-schaften aufgehoben sind, diese Entwicklung unterstützt.Seit ihren ersten Jahren im Silicon Valley beruht der wirt-schaftliche Erfolg der Elektronikindustrie auch auf migran-tischen Arbeiter*innen. So konnten die Lohnniveaus weiter gedrückt werden, gewerkschaftliche Organisation erschwert und Arbeits- und Gesundheitsschutzbestimmungen einfacher umgangen werden. Der Einsatz von Wanderarbeiter*innen setzt sich bis heute fort. In den 1990er–Jahren wurden diese in Halbleiterwerken von Siemens in Malaysia eingesetzt. Anfang der 2000er–Jahre arbeiteten Ukrainer*innen bei Kontraktfer-tigern in Ostungarn. Das chinesische „Wirtschaftswunder“ ist zu einem großen Teil auf dem Rücken der inländischen Wanderarbeiter*innen gebaut, so auch die dominante Stel-lung chinesischer Fertigungswerke in der Elektronikindustrie. Seit Jahren wird insbesondere aus Malaysia regelmäßig über Zwangsarbeit in der Elektronikindustrie und anderen Wirt-schaftszweigen berichtet, die hier fast immer mit Wanderar-beiterinnen und -arbeitern verbunden ist. Sie gehören zu den verletzlichsten Beschäftigtengruppen. Hier nur einige Maß-nahmen der Zwangsarbeit in der Elektronikindustrie: •  Die Abnahme von Pässen und anderen Papieren, die die Abreise unmöglich macht.•  Anwerbegebühren, die so hoch sind, dass sie bei den herr-schenden, extrem niedrigen Lohnniveaus zu Schuld-knechtschaft führen. •  Zwang von Studierenden zu Praktika, die mit ihren Studi-eninhalten nichts zu tun haben.•  Verweigerung der Ausstellung von Papieren, die es den Arbeiter*innen erlauben würde, ihren Arbeitsplatz selbst zu wählen und den Betrieb zu verlassen.VI.  CHEMISCHE BELASTUNGENDie Elektronikindustrie wird oft im Gegensatz zu den alten Industrien als innovativ und sauber beschrieben. Jedoch dürfte der Anteil an Arbeiter*innen die vergiftet und verätzt wer-den, langfristige Erkrankungen wie Krebs oder Unfruchtbar-keit erleiden oder ihre Kinder mit Geburtsfehlern zur Welt bringen, in diesem Sektor nicht geringer sein als in anderen. Im Kern ist die Elektronikindustrie eine chemische Industrie. Um die Komponenten herzustellen, kommt eine breite Palet-te an Chemikalien zum Einsatz, viele davon gehören zu den Toxischsten, die Menschen entwickelt haben. Jahrzehnte lang wurden diese Chemikalien in Halbleiterwerken eingesetzt, ohne die Arbeiter*innen aufzuklären, welche Gesundheits-schäden sie riskieren und auch ohne ihnen die entsprechen-de Schutzausrüstung zur Verfügung zu stellen. Bereits in den 1980er–Jahren wurden die ersten Berichte in den USA publik, die extrem erhöhte Krebsraten unter den Beschäftigten be-schrieben. Es dauerte Jahre, bis die Unternehmen die Proble-me eingestanden und etwas dagegen unternahmen. Viele der Arbeiter*innen kämpfen bis heute um Entschädigungen. Das Silicon Valley ist durchzogen von sog. superfund  sites, hoch-gradig verseuchten Arealen auf denen sich früher Elektronik-werke befanden. In Südkorea hat die Organisation Supporters for the Health And Rights of People in the Semiconductor Industry mehr als ein Jahrzehnt gekämpft, damit Samsung, der weltweit zweitgrößte Halbleiterhersteller, zur Verantwortung gezogen wird für die gesundheitlichen Schäden, die Arbeiter*innen in den Halbleiterwerken des Unternehmens erlitten haben. Auch in der Fertigung sind die Arbeitenden hochgradig gefährdet.VII.  UNZUREICHENDE ENTWICKLUNGENWie heutzutage üblich, hat sich die Elektronikindustrie selbst dazu verpflichtet, mit den in ihren Produktionsnetzwer-ken bestehenden menschenrechtlichen Problemen und den gröbsten Verstößen gegen das lokal herrschende Arbeitsrecht aufzuräumen. Dazu wurde eine Organisation gegründet und Richtlinien vereinbart. Seit 2004 besteht die Electronic Indus-try Citizenship Coalition (EICC), die sich 2017 in die Respon-sible Business Alliance (RBA)  umbenannte, um die Entwick-lung der Richtlinien voranzutreiben und deren Umsetzung in den einzelnen Betrieben zu kontrollieren. Heute sind in der RBA die größten Markenfirmen, Fertigungsunternehmen und Komponentenhersteller*innen der Elektronikindustrie organisiert.Die Richtlinien der RBA sind bis vor einigen Jahren prob-lematisch gewesen, da sie die Kernarbeitsnormen der Interna-tionalen Arbeitsorganisation (ILO) unterboten. Diese stellen das absolute Minimum der Arbeitsrechte dar. Insbesondere das Übereinkommen 87 zur Vereinigungsfreiheit und Schutz des Vereinigungsrechtes und das Übereinkommen 98 zum Ver-einigungsrecht und Recht zu Kollektivverhandlungen wurde bis vor Kurzem von der RBA nicht in die eigenen Richtlinien übernommen. Die aktuelle Formulierung in den RBA-Richt-linien wird weiterhin von Gewerkschaften und zivilgesell-


 ZUKUNFT | 41 schaftlichen Organisationen kritisiert, da sie zu stark auf na-tionale Regulierungen abstellt. In China, dem Hauptland der Elektronikproduktion, ist jedoch die Gründung unabhängiger Gewerkschaften verboten. Die in den RBA Richtlinien heraus-zulesende Abneigung gegen Gewerkschaften und unabhängi-ge Arbeiter*innenvertretungen setzt somit eine lange Traditi-on in der Industrie fort.Die sogenannten Standards der Elektronikindustrie zum Thema Arbeitszeit lassen auch zu wünschen übrig. So wird eine maximale wöchentliche Arbeitszeit von 60 Stunden fest-gelegt. Im chinesischen Arbeitsgesetz ist die Definition der Höchstarbeitszeitdauer klar und beträgt 40 Stunden. Mo-natlich dürfen noch maximal 36 Überstunden zusätzlich ge-leistet werden. Es wird also schnell klar, dass der Industrie-standard es mit den lokalen Gesetzen nicht so ernst nimmt. Gleichzeitig genügt ein Blick in die Nachhaltigkeitsberichte aller großen Markenfirmen, um festzustellen, dass selbst die-ser Standard regelmäßig nicht eingehalten wird. Ein oft von Industrievertreter*innen vorgebrachtes Argument zu diesem Thema ist, dass die Arbeiter*innen selbst nach mehr Über-stunden fragen. Bei Lohnhöhen, die bei einer normalen Ar-beitszeit weit unter dem Existenzlohn liegen, ist dieses Argu-ment etwas schief.Sozialaudits sind ein Instrument der freiwilligen Selbst-kontrolle, die sehr gerne von Unternehmer*innen genutzt werden, um zu kommunizieren, dass ihnen Menschenrechte wichtig sind und etwas getan wird. Seit einiger Zeit werden verstärkt Forschungsergebnisse veröffentlicht, die darauf hin-weisen, dass Sozialaudits keine positive Wirkung für die betrof-fenen Arbeitsverhältnisse haben. Radikalere Forscher*innen weisen auf die negativen Auswirkungen des Systems der So-zialaudits hin, da trotz seiner Wirkungslosigkeit ein Bild der Verbesserung gezeichnet wird, was zum weiteren Abbau staat-licher und unabhängiger Kontrollsysteme führt.VIII.  DIE ILLUSION DER KONSUMENTSCHEIDUNGWas können Konsument*innen vor diesem Hintergrund sys-temischer menschenrechtlicher Probleme einer Industrie tun, auf deren Produkte sie angewiesen sind oder die sie gerne nutzen? Oft wird in solchen Situationen nach dem vermeint-lichen Ausweg der ethischen oder nachhaltigen Produkte gesucht. Mit der Konsumentscheidung soll eine vorgestellte Marktmacht ausgeübt und Unternehmen so zu besseren Or-ganisationen gemacht oder die besseren Unternehmen im Marktwettbewerb unterstützt werden. Nicht nur beruht die-se Idee stark auf der neoliberalen Vorstellung des Marktes als effizienten und positiven Steuerungsmechanismus, sondern und noch viel problematischer ist in ihr eine Verantwortungs-verschiebung eingeschrieben. Das Unternehmen trägt hier nicht mehr die volle Verantwortung für die Verletzungen der Menschen-, Arbeits- und Umweltrechte in seinen Produk-tionsnetzwerken. Kund*innen, so das Bild, tragen mit ihrer Konsumentscheidung auch einen Teil der Verantwortung.Diese Diskursverschiebung ist nicht nur falsch, sondern im Zusammenhang mit der Elektronikindustrie zu kurz ge-dacht. 2020 wurden trotz der Corona-Pandemie und Produk-tionsstopps 1,2 Milliarden Smartphones hergestellt. Individu-elle Entscheidungen verlieren sich in einem solchen Markt sofort. Noch viel wichtiger ist die Tatsache, dass elektroni-sche Geräte aus hochstandardisierten Komponenten bestehen. Die Speicherbausteine in den Smartphones, Laptops, Tablets und Desktops aller Marken stammen mit sehr hoher Wahr-scheinlichkeit von Samsung, Micron oder SK Hynix, die rund 75 % des weltweiten DRAM Marktes beherrschen. Bei ande-ren Komponenten ist es ähnlich. Die Geräte werden zudem oft von denselben Kontraktfertigern an manchmal denselben Standorten endgefertigt. Die Hoffnung einer bewussten Ent-scheidung für ein vermeintlich ethischeres Produkt fällt somit vollends in sich zusammen.IX.  ÖFFENTLICHE BESCHAFFUNG ALS WEG ZU VERANTWORTUNGSÜBERNAHME UND KONTROLLENachhaltiger Konsum hat jedoch eine andere wichtige Funk-tion. Er schafft Diskursräume, verbindet die Themen Men-schenrechte, Verletzung grundlegender Arbeitsrechte, Tod, Leid und Ungerechtigkeit mit den dafür verantwortlichen Unternehmen, die uns die elektronischen Geräte verkaufen. Dies kann dazu führen, dass Menschen nicht nur verstehen, dass diese Welt existiert, sondern sich fragen, was sie machen können. In den letzten Jahren hat sich eine Möglichkeit ent-wickelt, die teilweise demokratische Prozesse, staatliche Ver-antwortung und unabhängige Kontrolle von Unternehmen zusammenbringt: die öffentliche Beschaffung.2014 hat die Europäische Union ihre Direktiven zur öffentli-chen Beschaffung erneuert und, angetrieben vom jahrelangen Druck zivilgesellschaftlicher Organisationen, die Möglich-keit der Nutzung sozialer und ökologischer Kriterien in öf-fentlichen Ausschreibungen ermöglicht. Zuvor war es in der 


 42 | ZUKUNFT HARDWARE – HINTERGRÜNDE ZUM GERÄTEKAUF AN BILDUNGSINSTITUTIONEN VON PETER PAWLICKI Beschaffung nur erlaubt nach dem Kriterium Preis zu ent-scheiden. Zwar konnten auch qualitative Kriterien einflie-ßen in die Endbewertung, sie waren aber sehr eng gefasst und auf technische Produktmerkmale begrenzt. Seit 2014 dürfen Beschaffer*innen soziale und ökologische Kriterien nutzen, die sich auf die Produktionsprozesse und somit auf die Pro-duktionsnetzwerke beziehen, die hinter den von ihnen be-schafften Produkten stehen.Öffentliche Einrichtungen beschaffen Hardware auf der Grundlage mehrjähriger Verträge mit oft beträchtlichem Vo-lumen. Dieser gesicherte und stetige Absatz macht sie zu in-teressanten Kund*innen der Elektronikbranche. Volumen und Vertragslänge bilden auch den Rahmen für ein Engagement der öffentlichen Beschaffung, um die vorhandenen Verlet-zungen der Menschen-, Arbeits- und Umweltrechte nachhal-tig anzugehen und an sinnvollen Verbesserungen gemeinsam mit ihren Lieferant*innen zu arbeiten. Der Vergabe- und Be-schaffungsprozess ist lang und komplex und bietet verschie-dene Ansatzpunkte für sozial nachhaltige Beschaffung. Einen Einstieg können Nachhaltigkeitszertifikate bilden. Da solche Zertifikate auf dem System der Sozialaudits beruhen, bieten sie nur begrenzte Einflussmöglichkeiten und Transparenz für die Beschaffung. Das Interesse an zertifizierten Geräten ist je-doch hoch bei Beschaffer*innen, da dies der im traditionellen Vergabeprozess eingeschriebenen Bewertungslogik entspricht. Die Vorstellung der Existenz fairer und weniger fairer Gerä-te ist auf Grund der beschriebenen Organisationsform der In-dustrie und die, auf hochstandardisierten Komponenten beru-henden, Gerätearchitekturen jedoch wenig realistisch.X.  MONITORING FÜR LANGFRISTIGE VERÄNDERUNGSPROZESSEDie geltenden EU-Beschaffungsrichtlinien ermöglichen Be-schaffungsverantwortlichen, soziale und ökologische Kriteri-en in den Vertragsbedingungen zu nutzen und deren Einhal-tung selbst oder durch Dritte zu überprüfen. Sie können also ihre Lieferant*innen zur Einhaltung bestimmter menschen- und arbeitsrechtlicher Standards vertraglich verpflichten und dann während der manchmal fünf Jahre währenden Verträge an Verbesserungen arbeiten. Genau auf dieser Möglichkeit baut die Nichtregierungsorganisation Electronics Watch auf, die unabhängiges Monitoring im Auftrag ihrer aktuell 330 Mitglieder, Beschaffungsabteilungen aus sieben europäischen Ländern, anbietet. Dabei setzt Electronics Watch auf ein arbeits-orientiertes Monitoring, das die Arbeiter*innen mit ihren Be-schwerden ins Zentrum stellt.Electronics Watch arbeitet in den jeweiligen Produktionslän-der mit lokalen zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich für Arbeits- und Menschenrechte einsetzen. So können die lo-kalen kulturellen, sozialen und rechtlichen Feinheiten beach-tet werden. Das Monitoring wird in erster Linie durch offene Interviews mit Arbeiter*innen außerhalb der Betriebsgelände durchgeführt. Dieser zeitaufwändige Prozess erleichtert den Aufbau von Vertrauen und Sicherheit für die Arbeiter*innen, die so leichter auch über sehr sensible und private Probleme sprechen. Gleichzeitig ermöglicht die offene Form der Inter-views den Arbeiter*innen selbst Themen zu setzen. Die so gesammelten Daten werden überprüft, Aussagen erhärtet, vor dem Hintergrund der geltenden Gesetze und internationalen Standards analysiert und zu einem internen Bericht verdichtet. Electronics Watch teilt diesen Bericht mit seinen Mitgliedern und den Unternehmen, die in der un-tersuchten Fabrik ihre Geräte herstellen lassen. Die Marken-firmen haben sich gegenüber Electronics Watch-Mitgliedern vertraglich verpflichtet, berichteten Verstößen und Risiken nachzugehen und dabei mit Electronics Watch zusammenzuar-beiten. Ist ein solcher betrieblicher Verbesserungsprozess ab-geschlossen, veröffentlicht Electronics Watch einen Bericht an die breite Öffentlichkeit.XI.  ERSTE ERFOLGEZwischen 2016 und 2019 arbeitete Electronics Watch mit seinem thailändischen Monitoringpartner Migrant Workers Rights Net-work (MWRN) an der Verbesserung der Situation bei der Fir-ma Cal-Comp, die zum damaligen Zeitpunkt u. a. für Firmen wie HP und Western Digital produzierte. Den im Betrieb be-schäftigten Wanderarbeiter*innen aus Myanmar waren Pässe abgenommen und gesetzeswidrige Vermittlungsgebühren be-rechnet worden. Das Risiko von Zwangsarbeit oder Schuld-knechtschaft ist in solchen Situationen hoch. Die Rückgabe der Papiere an die Arbeiter*innen geschah relativ schnell. An-fang 2020 konnte Electronics Watch berichten, dass über 10.000 Arbeiter*innen die gesetzeswidrigen Vermittlungsgebühren in voller Höhe zurückgezahlt worden sind. Zum damaligen Zeitpunkt handelte es sich um die größte Rückzahlung dieser Art in der Elektronikindustrie.2019 bestätigte ein Monitoringpartner in einem Zuliefer-erbetrieb in Indonesien den Einsatz von Toluen, ein in der EU seit 2005 verbotenes Lösungsmittel, und damit einherge-hende gesundheitliche Probleme bei den Arbeitenden. Nach-dem Electronics Watch den Bericht mit der Markenfirma, die 


 ZUKUNFT | 43 ihre Komponenten aus dem Betrieb bezog, besprochen hatte, wurde das Toluen schnell durch ein weniger giftiges Lösungs-mittel ersetzt und die Arbeiter*innen mit besserer persönli-cher Schutzausrüstung versorgt. Die Erneuerung der Hallen-ventilation wurde gemeinsam von der Markenfirma und dem Zulieferer in Angriff genommen.XII. CONCLUSIO: ÖFFENTLICHE BESCHAFFUNG ALS TREIBER VON VERÄNDERUNGDies sind nur zwei Beispiele für betriebliche Verbesserungs-prozesse deren Zahl immer weiter steigt. Zentral bei diesen Entwicklungen waren immer die öffentlichen Beschaffungen. Die Expertise von Electronics Watch ermöglicht ihnen ein akti-ves Engagement mit ihren Lieferant*innen, mit dem Ziel die-se in solchen Verbesserungsprozessen anzutreiben. Ausgehend von der Idee, dass es aktuell keine fairen Elektronikgeräte gibt, aber dass es möglich ist, gemeinsam an der Verbesserung der Zustände zu arbeiten, werden so messbare und sinnvol-le Verbesserungen für und mit betroffenen Arbeiter*innen vorangetrieben.Den durch den ethischen Konsumdiskurs sensibilisierten Konsument*innen steht somit ein Weg offen, wie sie Einfluss nehmen können. Bei öffentlicher Beschaffung handelt es sich fast immer um die Ausgabe von Steuermitteln durch öffent-liche Einrichtungen, die von den Städten, Regionen, Schu-len oder Universitäten, in denen die Konsument*innen le-ben, arbeiten oder lernen, verwaltet werden. Als praktische Übung in Demokratie können Fragen danach gestellt wer-den, ob die Beschaffung von Elektronikhardware menschen-rechtliche Standards beinhaltet und wie diese überprüft wer-den. Hartnäckigkeit ist bei diesem Thema notwendig, da es für viele öffentliche Einrichtungen noch neu ist. Sollten aber die geforderten Ideen zu menschenrechtlichen Standards und deren industrieunabhängiger Überprüfung umgesetzt werden, so haben Konsument*innen zu einem Aufbau eines Systems beigetragen, dass nachhaltige Verbesserungen bei den betrof-fenen Arbeiter*innen befördert.PETER PAWLICKI forscht zur Globalisierung der Elektronikindustrie und ihren Auswirkun­gen auf die Arbeitsbedingungen und Arbeitsrechte. Er war an mehre­ren internationalen Forschungsprojekten zur Auftragsfertigung beteiligt; Pawlicki leitet die Abteilung Outreach and Education bei  Electronics Watch. LiteraturAndrjiasevic, Rrutvica (2015): Beyond China. Foxconn's Assembly Plants in Europe, in: South Atlantic Quarterly 114(1), 215–224, online un-ter: https://www.researchgate.net/publication/273109577_Beyond_China_Foxconn%27s_Assembly_Plants_in_Europe (letzter Zugriff: 11.09.2021).Andrijasevic, Rutvica/Novitz, Tonia (2020): Supply Chains and Unfree Labor. Regulatory Failure in the Case of Samsung Electronics in Slo-vakia, in: Journal of Human Trafficking 6(2).Angel, David P. (1994): Restructuring for Innovation. The Remaking of the U.S. Semiconductor Industry, New York: Guilford Press.Chan, Jenny/Selden, Mark/Ngai, Pun (2020): Dying for an iPhone. Apple, Foxconn and the lives of China’s Workers, London: Pluto Press.Chan, Jenny/Ngai, Pun (2010): Suicide as protest for the new generation of Chinese migrant workers: Foxconn, global capital, and the state, in: The Asia-Pacific Journal, 2010, online unter: https://apjjf.org/-Pun-Ngai--Jenny-Chan/3408/article.pdf (letzter Zugriff: 11.09.2021).Chan, Jenny/Ngai, Pun (2012): Global capital, the state, and Chinese wor-kers. The Foxconn experience, in: Modern China 38(4), 383–410.Claeson, Björn (2019): Making rights effective in public procurement sup-ply chains. Lessons from the electronics sectors, in: Martin-Ortega, Olga/Methven O’Brien, Claire (Hg.): Public Procurement and Hu-man Rights. Opportunities, Risks and Dilemmas for the State as Buy-er, Cheltenham: Edward Elgar, 192–205.Distelhorst, Greg/Locke, Richard M./Pal, Timea/Samel, Hiram (2015): Production goes global, compliance stays local. Private regulation in the global electronics industry, in: Regulation & Governance 9(3), 224–242.Drahoukopil, Jan/Andrjiasevic, Rutvica/Sacchetto, Devi (2016): Flexib-le workforces and low profit margins: electronics assembly between Europe and China, ETUI, online unter: https://www.etui.org/publications/books/f lexible-workforces-and-low-profit-margins-electronics-assembly-between-europe-and-china (letzter Zugriff: 11.09.2021). Electronics Watch (2018): Compliance Reports. Foxconn in Pardubice, Czech Republic, June 2018, online unter: https://electronicswatch.org/en/compliance-reports-foxconn-in-pardubice-czech-republic-june-2018_2541758.pdf (letzter Zugriff: 11.09.2021).  Electronics Watch (2020a): When compliance is not enough. Why victims of forced labour should be partners in the remediation design, on-line unter: https://electronicswatch.org/when-compliance-is-not-enough-why-victims-of-forced-labour-should-be-partners-in-the-remediation-design_2572369.pdf (letzter Zugriff: 11.09.2021).  


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 ZUKUNFT | 45 BENCHMARKING – COLOURS OF LOVEBenchMarking – Colours of LoveBank gestaltet von  Teilnehmer*innen des Projekts, Ort: Liesingbach


 46 | ZUKUNFT I.Du beginnst mit dem Schluss eines Anfangs, dem erinnerten Posieren an einem riesigen Fenster, dem Bewegen einer Ker-ze. Während Du dem Publikum Deinen Rücken zuwendest – etwas, das Du außerhalb dieser Situation nie freiwillig tun würdest – sendest Du Signale aus. Du hast Spielkarten zuge-steckt, kryptische Botschaften geflüstert und Du warst unsi-cher, aber Du hast es nicht bereut. Auch deshalb sind diese Gedanken wenig mehr als die Mitschrift einer Anprobe, Dein Erinnern, das im Zeichen der traurig verkürzten Figur Echo steht. Der zufällige Griff ins Register eines Nachschlagewerks wenige Tage zuvor hatte Dich zur Lektüre eines Eintrags über sie verleitet, die prägnante, ja sachliche Nachzeichnung von mythologisch gerahmter Gewalt in wenigen Zeilen war irri-tierend und zugleich entlarvend gewesen. Unter dem strengen Spruch sich entziehender Mächte blieb von ihr nur wenig, bloß die Wiederholung des Letzten, etwas wie ein Nachhall von Gehörtem und Gesprochenem. II.Das versuchsweise Anprobieren von Masken und Anzügen, das Ausprobieren anderer Charaktere hat Dich an diesen Punkt geführt, an ein Herausfallen, das sich im Abweichen vom Vereinbarten zeigt. Niemand spricht Dich später bei der Premierenfeier darauf an, es wurde großzügig übergangen oder war schlicht übersehen worden. Die Fiktion blutet auch jetzt noch immer in die Wirklichkeit hinein, die Unterschie-de zwischen Kleidung und Kostüm existieren hier nicht, sie wurden vorsätzlich gelöscht. Ein Agent, der Dich bei der Fei-er ganz unverblümt anspricht und Dich anzuwerben versucht sagt etwas wie Es gibt keine Zukunft, aber nicht so wie erwartet und Du antwortest höflich, aber unverbindlich. Er verhält sich trotzdem, als wäre die Entscheidung schon gefallen und als hättest Du keinen Anteil daran gehabt.III.Du verbringst den Nachmittag auf einer der alten, vorgescho-benen Plattform am Stadtrand und schießt mit einer Hand-kanone auf vorbeifliegende Drohnen. Entkoppelt von ihren Steuerprogrammen fliegen sie ziellos herum, gleich überdi-mensionalen Insekten, sie erinnern auf irritierende Weise an einen lange zurückliegenden Konflikt. Statt die Drohnen ein-zusammeln ist es zu einem Freizeitvergnügen geworden, auf sie zu feuern. Hin und wieder wird eines der Relikte nicht nur getroffen, sondern stürzt ab oder zerbirst in einer überra-schenden Explosion. Wenn das passiert, gilt es, je nach Situa-tion, höflich zu applaudieren oder sich zu verbeugen.IV.Du sitzt in einer neuen Bar, wartest auf ein Date, das nicht auftauchen wird. Die thematische Einrichtung des Lokals spielt auf den letzten Krieg an, alle Gläser und Teller haben Sprünge und scharfe Kanten, das Besteck ist unvollständig und verbogen, an den Wänden sind großflächige Reproduktionen von Stanley Donwood angebracht. Die zwischen den Tischen herumeilende Bedienung trägt passenderweise Issey Miyake, Du erinnerst Dich an die vieldiskutierte Formulierung vom Hiroshima Chic in den Medien. Du holst Deinen Kommuni-kator und die Spielkarte heraus, die in Deiner Wohnung als Geschenk zurückgelassen wurde. Auf der blanken Oberfläche des Geräts liest Du Nachrichten aus Paris, Stockholm, Pro-xima Centauri, jemand ist wie auf der Flucht vor Dir und Deinem schlechten Einfluss, aber Du verstehst nicht warum. Auf der Spielkarte ist der glücklose Orpheus abgebildet, die immer noch stumpf schmerzende Erinnerung an eine Zu-rückweisung stellt sich ein. Du fährst die Kanten des starken Papiers entlang, alles Teil einer Performance, die, obwohl un-beobachtet, doch stattgefunden hat. DER KRIEG DER EIGENNAMEN VON THOMAS BALLHAUSEN Der Krieg  der EigennamenMit Der Krieg der Eigennamen schließt THOMAS BALLHAUSEN ganz vorsätzlich an Poststrukturalismus und Postmar­xismus an. – Einblicke in ein neues Prosaprojekt, das Literatur und Theorie zusammenbringt.


V.Abends kommst Du zu viel zu spät zu einer Veranstaltung, an eine der Wände im Saal wird The Last Movie projiziert und auf dem Podium davor beschwert sich der geladene Vortra-gende, wie weinerlich und schwach er die Hauptfigur findet. Bald schon geht alles in eine Party über und Du sprichst an der Bar eine junge Frau auf ihr Duran Duran-T-Shirt an. Als sie erzählt, sie hätte es ihrer Mutter geklaut, kannst Du nicht anders als Dich ertappt zu fühlen und dümmlich vor Dich hin zu lächeln. Als ihr viel später zu einer Schnulze von Carly Si-mon tanzt, lautlos mit den Lippen den Text formt, and I believe in love, und etwas wie unentschlossene Ironie in eure Schritte legt, but what else can I do, möchtest Du den Inhalt der Lied-zeilen gerne glauben, zumindest für diese wenigen, schnell vergehenden Minuten, I’m so in love with you.VI.Nachdem Du eine gebundene Ausgabe von Pale Fire und die Verfilmung von The Informers – zwei Dinge, die Dir immer wieder verloren gehen oder gestohlen werden – telefonisch in einer Buchhandlung nachbestellt hast, nimmst Du das gelie-hene Cabrio und fährst, das schöne Wetter genießend, ziellos durch die Gegend. Du nimmst eine der großen Tangenten in Deine alte Gegend, die mittlerweile völlig heruntergekom-menen Wormwood Gardens. Wie automatisch fährst Du zum alten Van Doren-Anwesen, bist Dir nicht mehr sicher, ob die legendäre Besitzerin dieses riesigen Hauses eine Stummfilm-diva war, eine Spionin oder gar beides. Du parkst in der Nähe und gehst um das Grundstück herum, blickst in den abge-zäunten Garten, der passenderweise voller Wermutkraut ist. Du erinnerst Dich an die Geschichten über das Haus, wie die Gerüchte darüber sich wie eine Krankheit auf die Nachbar-schaft ausgedehnt haben, es Berichte über Schießereien und Spekulationen über Gespenster gab, die die Mietpreise in den Straßenzügen rundum drastisch sinken ließen. VII.Neben dem Haupttor sitzt ein alter Obdachloser an einer Ecke. Als Du auf dem Weg zu Deinem Wagen vorbeigehst sagt er, zu Dir aufblickend, sehr klar den Satz Morgen könnte ich schon gestorben sein und Du fragst Dich, während Du weiter-gehst, was das zu bedeuten hat. Du gehst zurück, legst etwas Kleingeld in den leeren Hut, den der Mann vor sich auf den Boden gelegt hat. Du fragst ihn, warum er diesen Satz gesagt hat, aber er antwortet ausweichend und in wenig zusammen-hängenden Sätzen. Als er unvermittelt zu weinen beginnt, gehst Du weiter, die Situation überfordert Dich. Er ruft Dir den Satz Ich werde mich immer an Dich erinnern nach, aber Du re-dest Dir ein, ohne Dich nochmals umzudrehen, dass er nicht Dich gemeint hat und dass Du Dinge nicht einfach machst um darüber schreiben zu können. VIII.Nachts machst Du Persönlichkeitstests online, recherchierst nach Beratungs-Hotlines und Selbsthilfeliteratur, Deine Ge-danken kreisen um Begriffe wie Covert Narcissism, Borderline, Depression und Dissoziale Persönlichkeitsstörung. Du hast verges-sen, wie oft Du schon auf diese Weise beschimpft wurdest, aber es hat Dich zumeist kaum gestört. Tags darauf erzählst Du Deinem Analytiker davon, aber er erwidert nur leicht ge-langweilt, dass Du nicht so banal sein sollst. Das kommt Dir vertraut vor und als Du ihn danach fragst, ob dieser Satz ein Zitat ist, grinst er nur. Du beschließt in diesem Moment für Dich, die Behandlung abzubrechen, auch wenn Du wie ge-wohnt einen Folgetermin vereinbarst. Jemand anderer braucht Deine Seele ja vielleicht viel mehr als Du es tust.IX.Zurück in Deiner Wohnung erreicht Dich eine Nachricht, die Du Dir immer schon erwartet hattest, da sie nun aber eintrifft, Dich trotzdem überrascht: Der Schwarze Peter ist tot. Komm nach Hause. Ausgerechnet Dein Bruder, mit dem Du seit Monaten nicht gesprochen hast, hat Dich informiert und nach einem kurzen Moment beginnst Du eine Reisetasche zu packen. Du möchtest eigentlich nicht nach Kernow zu-rückfliegen, noch nicht, wenngleich Dir auch nicht klar ist, warum. Du führst die notwendigen Bewegungen wie auto-matisch aus, Dein Kopf ist ganz leicht. THOMAS BALLHAUSENlebt als Autor, Kultur­ und Literaturwissenschaftler in Wien und Salz­burg. Er ist international als Herausgeber, Vortragender und Kurator tätig. Zuletzt erschien sein Buch Transient. Lyric Essay (Edition Melos, Wien).  ZUKUNFT | 47 


 48 | ZUKUNFT nsere aktuelle Fotostrecke gestaltet die Initiative BenchMarking, die auf eine Idee des Landtagsabge-ordneten Marcus Schober und des Schauspielers Harald Krassnitzer zurückgeht. BenchMarking ge-staltet gemeinsam mit Wiener*innen, Künstler*innen und al-len Interessierten unser Lebensumfeld und gestaltet Parkbänke kunstvoll.Bernd Herger und Karl Kilian adaptierten die Idee Ende 2019 und erarbeiteten ein Konzept von immer wieder stattfin-denden Workshops im öffentlichen Raum. Im Sommer 2020 startete die erste Aktion am Wiener Donaukanal und seither fanden bereits über 10 Aktionen in unterschiedlichen Wiener Bezirken statt, so dass im Oktober 2021 bereits über 150 bun-te Bänke existieren.In Anlehnung an Joseph Beuys’ Zitat „Jeder Mensch ist ein Künstler“ ermutigt BenchMarking Anrainer*innen ihr ei-genes Umfeld legal mitzugestalten. Die Initiative schafft eine soziale Skulptur und damit sind alle Wiener*innen Teil von BenchMarking: Sei es mit dem Pinsel in der Hand beim Bema-len, als bewundernde Flaneu*innen oder beim einfachen Ver-weilen auf der Bank.Bernd Herger, Online-Redakteur der ZUKUNFT ist Pro-jektleiter der Initative und gemeinsam mit dem Künstler Karl Kilian Gründer des Vereins BenchMarking – Farben in die StadtBei BenchMarking – Colours of Love kommen Menschen aus jeder Gesellschaftsschicht zusammen und machen die Welt ein klein wenig bunter!Weiter Informationen zum Projekt unter:  www.benchmarkingvienna.orgDie Fotos der Bänke der Initiative in dieser Ausgabe der ZUKUNFT kommen von Tom Peschat. Als echter Wiener Foto-graf, der in Meidling in einem Gemeindebau lebt, fängt er be-vorzugt die Emotionen der Wiener*innen mit seiner Kame-ra ein, ob jetzt Bürgermeister*in oder Hausmeister*in, ist ihm dabei völlig gleich. Für ihn zählt das Individuum.Weitere Informationen zu Thomas Peschat: www.tompesch.at BERND HERGERist Online­Redakteur der ZUKUNFT und studierte Wirtschaftsinforma­tik an der WU Wien. Nach einer langjährigen Beschäftigung in der Gast­ronomie arbeitet er nun für die Wiener Bildungsakademie und ist Projekt­leiter der Initiative BenchMarking – Colours of Love .BENCHMARKING – COLOURS OF LOVE VON BERND HERGERBenchMarking – Colours of LoveWas machen Farben mit uns – und wie können wir in der Auseinandersetzung damit lernen und uns und unsere Umgebung verändern? Mit BenchMarking – Colours of Love wurde ein Prozess gestartet, der Kreativität, Partizipation und Inklusion in den Vordergrund stellt.U


 ZUKUNFT | 49 BENCHMARKING – COLOURS OF LOVEBenchMarking – Colours of LoveBank gestaltet von Teilnehmer*innen des Projekts, Ort: Prater Hauptallee vor der SternwarteBenchMarking – Colours of LoveMarcus Schober und Bernd HergerBenchMarking – Colours of LoveKarl Kilian


 50 | ZUKUNFT ine starke Stimme für eine solidarische und gerech-tere Gesellschaft ist am 9. September 2021 für immer verstummt. „Caspar Einem war eine beeindrucken-de Persönlichkeit und ein prägender Politiker mit Weitsicht, Visionen und Entschlossenheit, dem wir viel zu verdanken haben“, würdigte SPÖ-Vorsitzende Pamela Ren-di-Wagner das Wirken des Ausnahmepolitikers. Bundesge-schäftsführer Christian Deutsch bezeichnet Einem als „ebenso großen wie aufrechten Sozialdemokraten, ein engagierten In-tellektuellen mit Standfestigkeit, der in seinen vielen Funkti-onen unendlich viel für Österreich und die Sozialdemokra-tie geleistet hat“. „Wir betrauern einen Feministen. Caspar Einem war einer, der nicht nur über die Gleichstellung von Frauen und Männern geredet hat, sondern sie gelebt hat“, betont SPÖ-Frauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner. Für den Wiener Bürgermeister Michael Ludwig war Einem „einer der prägendsten Politiker*innen Österreichs in den 90er-Jahren, der sich trotz schwieriger politischer Auseinandersetzungen als Verbinder mit Anstand auszeichnete.“Diese und zahlreiche andere Kondolenzen aus allen po-litischen Lagern zeigen: Das viel zu frühe Ableben von Cas-par Einem hinterlässt eine schmerzhafte Lücke – sowohl in der SPÖ als auch in der gesamten österreichischen Politik.Der am 6.Mai 1948 in Salzburg geborene Einem studierte nach seiner Matura in Wien Rechtswissenschaften und arbei-tete nach seiner Promotion für fünf Jahre als Bewährungshel-fer. Nach Abschluss seines Rechtspraktikums war er bis 1991 bei der Wiener Arbeiterkammer tätig, wo er auch Betriebsrats-vorsitzender war. Danach wechselte er zum Mineralölkonzern OMV, wo ihn 1994 der Ruf in die Politik ereilte. Als Staatsse-kretär im Bundeskanzleramt bei Bundeskanzler Franz Vranitz-ky war er unter anderem für den öffentlichen Dienst zuständig.Ab April 1995 bis Jänner 1997 war er Bundesminister für Inneres. Gerade in dieser relativ kurzen Zeitspanne avancier-te Caspar Einem zum erklärten Feindbild des rechten Lagers in Österreich, insbesondere der FPÖ, damals noch unter Jörg Haider. Als jemand, der immer gegen Rassismus und Frem-denfeindlichkeit aufgetreten ist, ließ Einem die Menschlich-keit auch in der Funktion als Innenminister niemals außer Acht.Doch nicht nur für die Freiheitliche Partei, sondern auch für eine auflagenstarke Boulevardzeitung wurde er zum Rei-bebaum. Die Zuschreibung „Paradelinker“ war wohl eine der freundlicheren Formulierungen, die so manche Kleinfor-mat-Kolumnisten für Caspar Einem fanden. Er selbst kom-mentierte derlei Anfeindungen auf seine ihm typische, un-vergleichliche Art und mit einer Prise trockenem Humor: „Ich bin draufgekommen, dass es ziemlich wurscht ist, ob du in der Krone positiv oder negativ vorkommst – solange du vorkommst.“CASPAR EINEM 1948–2021 – MUT ZUR HALTUNG VON EMIL GOLDBERG Caspar Einem 1948–2021Mut zur Haltung Mit dem überraschenden Tod von CASPAR EINEM verliert die österreichische Sozialdemokratie einen langjährigen  Mitstreiter, der auch abseits der bundespolitischen Bühne als kritischer linker Intellektueller in Erscheinung trat.E© Wikimedia Commons


Ab 1997, in der Bundesregierung Klima, war Caspar Ei-nem Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr. In seine Zeit als Wissenschaftsminister fiel unter anderem die Neuordnung des europäischen Hochschulraums (Bologna-Prozess) sowie die Vereinheitlichung des Studienrechts. Unter der Schwarz-Blauen Regierung Schüssel wurde er als Abgeordneter zum Nationalrat, wo der glühende Europäer Einem als Europa-sprecher und stellvertretender Klubobmann tätig war.Neben seiner bundespolitischen Karriere war Einem für rund ein Jahrzehnt Vorsitzender der SPÖ-Bezirkspartei im neunten Wiener Gemeindebezirk. Ob auf Bundes- oder Be-zirksebene – Caspar Einems Politikverständnis war zutiefst geprägt von Mut zur Haltung und der Liebe zu den Men-schen, betont sein langjähriger Alsergrunder Weggefährte, der ehemalige Klubvorsitzende der SPÖ Wien, Siegi Lindenmayr. Besonders geschätzt wurde er unter anderem für sein um-fangreiches Wissen und seine Fähigkeit, komplizierte Zusam-menhänge prägnant in kurzer Form darzustellen.Doch auch in den eigenen Reihen war das Verhältnis nicht immer völlig friktionsfrei. Caspar Einem nahm sich kein Blatt vor den Mund. Seine Weltanschauung war zu-meist deutlich weiter am linken Rand unserer Gesinnungsge-meinschaft angesiedelt als es der sozialdemokratische „Dritte Weg“-Mainstream der späten 1990er-Jahre war. Was stellen-weise auch zu der einen oder anderen lebhaften Debatte unter Genoss*innen führte.Gleichsam war Einems klare und prononciert linke Hal-tung auch der Grund für seine bis zuletzt ungebrochen große Beliebtheit bei den roten Jugend- und Vorfeldorganisationen, die ihrerseits ähnlich gelagerte Diskussionen aus den diversen Parteigremien wohl nur zu gut kennen. Ob nun auf Bezirks-, Landes- oder Bundesebene – für viele Jüngere Semester in der SPÖ gilt Caspar Einem dank seiner Haltung wie wohl kaum ein anderer Politiker der jüngeren Vergangenheit als politi-sches Vorbild. „Mit seinem unglaublichen Wissen, inhaltlicher Souveränität und Seriosität hatte er Populismus nie nötig. Ein Mensch mit Stil und Klasse, der mit ganz viel Herz und Hirn für eine solidarische Gesellschaft und eine progressive Sozi-aldemokratie eingetreten ist“, erinnert sich der Wiener SPÖ-Gemeinderat Marcus Gremel.Von 2002 bis 2008 übernahm Caspar Einem das Amt des Präsidenten des Bundes sozialdemokratischer AkademikerInnen, Intellektueller und KünstlerInnen. In seine Schaffenszeit fällt die gründliche Aufarbeitung der sogenannten „braunen Flecken“ im BSA und der kritischen Auseinandersetzung der Organisa-tion mit der eigenen Vergangenheit. In Zusammenarbeit mit dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes wur-de ein umfangreicher Abschlussbericht veröffentlicht. Eine bis heute richtungsweisende Initiative, die man bei anderen Par-teien vergeblich sucht. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Ar-beit war die Förderung der Jugend im BSA, so initiierte er un-ter anderem die „politische Akademie“ des BSA.Caspar Einem legte mit 31. Oktober 2007 sein Mandat im Nationalrat zurück und erklärte, dass er sich aus allen politi-schen Funktionen zurückziehen werde. Ruhig wurde es je-doch nicht um ihn. Neben der Herausgabe zahlreicher Bücher und Tätigkeiten in der Privatwirtschaft war er bis zuletzt in zahlreichen Institutionen tätig, unter anderem als Präsident des Österreichischen Instituts für Internationale Politik, Vizepräsident des Europäischen Forums Alpbach, Vizepräsident des Kuratoriums des Instituts für Höhere Studien und Chefredakteur der ZUKUNFT.  Caspar Einem war verwitwet und hinterlässt einen Sohn.Abschließend bleibt nur, BSA-Präsident Andreas Mailath-Pokorny zu zitieren: „Mit Caspar Einem verliert Österreich einen der wichtigsten Intellektuellen, Vordenker sowie Politi-ker mit Mut zur Haltung und zur Vision. Er hat Humanismus und Aufklärung im politischen Tagesgeschehen gelebt und auch gegen heftige Anfeindungen durchgesetzt. Mit viel Mut hat er bewiesen, dass ein Anpassen an den Mainstream nicht zur Grundausstattung eines Politikers gehören muss. Durch seinen Blick weit über den Tellerrand hinaus hat er gesell-schaftliche Zusammenhänge erkannt und Politik immer auch als Kampf um die Gerechtigkeit gesehen. Die Redaktion der ZUKUNFT verliert mit ihrem langjährigen Chefredakteur eine maßgebliche und bedeutende Stimme der österreichischen Sozialdemokratie. In Gedanken sind wir bei ihm, seiner Fa-milie und seinen vielen Freund*innen… Ein letztes „Freundschaft“!EMIL GOLDBERGist Öffentlichkeitsarbeiter und war lange beim SPÖ­Pressedienst und für den ÖBB­Konzernbetriebsrat tätig. Zuletzt war er Pressesprecher des Fonds Soziales Wien (FSW). Weitere Informationen online unter: https://twitter.com/emil_goldberg ZUKUNFT | 51 


Der Krieg der EigennamenVON THOMAS BALLHAUSEN Mit Der Krieg der Eigennamen schließt THOMAS BALLHAUSEN ganz vorsätzlich an Poststrukturalismus und Postmarxismus an. – Einblicke in ein neues Prosaprojekt, das Literatur und Theorie zusammenbringt. 52 | ZUKUNFT Die ZUKUNFT ist Rot! - BenchMarking - Colours of LoveBank gestaltet von Bernd Herger, Karl Kilian, Sven Radisch und Dragan Velic, Ort: Prater Hauptallee vor der Sternwarte


Die ZUKUNFT ist Rot! - BenchMarking - Colours of LoveBank gestaltet von Bernd Herger, Karl Kilian, Sven Radisch und Dragan Velic, Ort: Prater Hauptallee vor der Sternwarte ZUKUNFT | 53 BENCHMARKING – COLOURS OF LOVE


 54 | ZUKUNFT VERANSTALTUNGSANKÜNDIGUNGDIENSTAG, DER 19. OKTOBER 2021 UM 18:30 UHR IN DER WIENER BILDUNGSAKADEMIE (WBA)75 Jahre ZUKUNFT – in Memoriam Caspar EinemAnlässlich des Jubiläums der ZUKUNFT, die nun seit 75 Jahren erscheint, wollten wir gemeinsam mit Caspar Einem eine Diskussionsveranstaltung in der Praterstraße organi­sieren, die nun in Erinnerung an diese Größe der Sozialde­mokratie ihm gewidmet sein soll. Wir werden seiner Ein­gedenk mit kompetenten Gästen die Geschichte unserer Zeitschrift, ihren (politischen) Aktualitätsbezug und auch die Zukunft der ZUKUNFT diskutieren.Auf dem Weg in die  ZUKUNFT!Dabei soll es um die Rolle und Funktion unserer Diskus­sionszeitschrift im Rahmen der Sozialdemokratie genauso gehen wie um progressive Ideologie und Programmatik. Welche Themen soll die ZUKUNFT aufnehmen? Welche Im­pulse sind nötig, um die Sozialdemokratie neu auszurich­ten? Wir laden unsere Leser*innen dazu ein, sich einzubrin­gen, Fragen zu stellen und mitzudiskutieren!


 ZUKUNFT | 55 BESTELLUNGKupon ausschneiden& einsenden an:VA Verlag GmbHKaiser-Ebersdorferstrasse 305/31110 WienICH BESTELLE "EIN LIED BEWEGT DIE WELT"7,90 € INKL. MWST ZZGL. VERPACKUNG UND VERSAND 2,00 €NAME: _________________________________________________________________STRASSE: _______________________________________________________________ORT/PLZ: _______________________________________________________________TEL.: ______________________________E-MAIL: _____________________________UNTERSCHRIFT: _______________________ODER BESTELLUNG PER E-MAIL AN DEN VERLAG: OFFICE@VAVERLAG.ATSOLANGE DER VORRAT REICHTKAUM EIN ANDERES SYMBOL EINT DIE INTERNATIONALE ARBEITERBEWEGUNG SO STARK, WIE DIE 1871 IM NACH-REVOLUTIONÄREN PARIS VERFASSTE „INTERNA-TIONALE“. IM ANGESICHT DER NIEDERLAGE DES FRANZÖSISCHEN PROLETARIATS, WÄHREND TAUSENDE KÄMPFERINNEN UND KÄMPFER DER COMMUNE VON DER REAKTION ERMORDET WURDEN, MACHTE SICH, ÄNGSTLICH IM VERSTECK SITZEND, EUGENE POTTIER DARAN EIN TROTZIGES, HOFFNUNGSFROHES KAMPFLIED ZU SCHREIBEN. SO ENTSTAND NICHT NUR DIE WELTWEITE HYMNE EINER STOLZEN BEWEGUNG, SONDERN EIN KAMPFLIED VON MILLIONEN BEWUSSTER ARBEITNEH-MERINNEN UND ARBEITNEHMER AUF DER GANZEN WELT.


ZUKUNFT ABONNEMENTKupon ausschneiden & einsenden an:VA Verlag GmbHKaiser-Ebersdorferstraße 305/31110 WienIch bestelle  ein ZUKUNFT-Schnupperabo (3 Hefte) um 12,– Euro  ein ZUKUNFT-Jahresabo (11 Hefte) um 49,– EuroName:Straße:Ort/PLZ:Tel.:E-Mail:    Unterschrift:4,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr. 2/2013Was vom Tage übrig bliebBarbara BlahaWährend des Wendens  ist die Partei verletzlich Caspar EinemAus Fehlern lernen Ludwig DvořakWege aus der EurokriseWolfgang EdelmüllerDer Dritte WegErnst Gehmacher2/2013Kunstkammer WienKunsThisTorischEs musEum  WiEn4,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr. 3/2013Die EU-Konzessionsrichtlinie Alice WagnerFür eine offensive Wohnpolitik Wolfgang MoitziLeistbares Wohnen – eine Frage sozialer Fairness Michael LudwigEurokrise und kein Ende – Spanien im freien FallGünther Grunert3/2013BRIAN ADAMS – EXPOSEDNRW-FoRuM DüsseLDoRF4,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr. 4/2013Economic Governance – auf dem Weg zu einer »Troika für alle«Daniel LehnerEuropas Entwicklung Oskar NegtDer Antisemit Karl Renner? Ludwig DvořákWohin führt der neue Papst  seine Kirche?Adalbert Krims4/2013The Real eighTies Österreichisches Filmmuseum4,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr. 5/2013Das vermeintlich Unmögliche wagenSonja AblingerEuropas Linke muss jetzt Nein sagen! Hilde MattheisWir haben nichts zu fürchten als die Furcht selbst Robert MisikJulius TandlerHerwig Czech5/2013Alle MeSCHUGGe?JüdischEs MusEuM WiEn 4,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr. 6/2013Stadtentwicklung für die Wienerinnen und Wiener im 21. JahrhundertRudi SchickerStadt fair teilen Eva KailMobilität mit Zukunft bringt mehr Lebensqualität in die Städte Christian FölzerMali: Militarisierung der SahelzoneStefan Brocza6/2013WIEN AUSSENEIN FOTOPROJEKT VON DIDI SATTMANN Wien MuseuM ALAÏA. AZZEDINE ALAÏA IM 21. JAHRHUNDERTNRW-FORUM DÜSSELDORF4,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr. 7 & 8/2013SPÖ-Mission: Selbstbewusst vorwärts! Claudia Schmied Stagnation der Völkischen? Andreas PehamEin Volk von Eigentümern? Artur StreimelwegerVom KlubzwangLudwig Dvořák7&8/2013ALAÏA. AZZEDINE ALAÏA IM 21. JAHRHUNDERTNRW-FORUM DÜSSELDORFALAÏA. AZZEDINE ALAÏA IM 21. JAHRHUNDERTNRW-FORUM DÜSSELDORF4,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr. 9/2013Niedriglohnbeschäftigung in Deutschland Claudia Weinkopf & Thomas KalinaDie Troika und der Flächentarifvertrag Thorsten SchultenKinderkarenz und Wiedereinstieg Gerlinde HauerWendezeit des Kapitalismus?Armin Pullerk9/2013 WORLD PRESS  PHOTO 13  WESTLICHT. 4,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr. 10/2013Die SPÖ neu gründen!  Albrecht K. KonečnýEin modernes Strafrecht Hannes JarolimRot-Blau ante portas? Ludwig Dvořák Die EU gemeinsam verteidigenCaspar Einem10/2013KOKOSCHKA LeopoLd MuseuM4,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr. 11/2013Welcher Fortschritt?  Barbara BlahaVom Elend der PolitikverdrossenheitKarl CzasnyTunesien: Frauenrechte müssen verteidigt werdenMuna Duzdar Mehr als eine »Neid-Debatte«Wolfgang Moitzi11/2013DIE 70ER JAHRE. MUSA4,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr. 12 / 2013Die extreme Rechte vor der EU-Wahl Andreas PehamMarokko nach dem arabischen FrühlingMuna DuzdarMachtwechsel in NorwegenJens GmeinerZwischen NSA und medialem WiderstandAnton Tantner12/2013Edith tudor-hartWiEn musEum4,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr. 1/2014Kritische Bestandsaufnahme Wolfgang KatzianSozialdemokratische Handschrift?Sonja AblingerDas sozialdemokratische Jahrhundert     hat noch gar nicht begonnenHannes Swoboda Ägypten: Inmitten der KonterrevolutionTyma Kraitt1/2014DEBORAH SENGLDIE LETZTEN TAGE  DER MENSCHHEITESSL MUSEUMDer Wettbewerbspakt -  eine Bestandsaufnahme Alexandra StricknerDer Februar 1934 im Spiegel der Akten der BundespolizeidirektionFlorian Wenninger»Wirklich tüchtige und würdige Genossinnen«Gabriella Hauch Mexiko: Dank Freihandel ein gescheiterter Staat Boris Ginner und Alexander Strobl2/2014Unsere stadt!jüdisches MUseUM wien4,50 euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr. 2/2014Soziale Demokratie  als ständige Aufgabe   Emmerich TálosUkraine – zwischen  Ost und West?   Christina PlankGründe, die völkerrechtliche  Kirche im politischen Dorf zu lassen   Stefan BroczaIrrwege einer historischen »Schuldsuche« zum 12. Februar 1934   Gerhard Botz4/20144,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr.4/2014BÖSE    DINGE     HofmobiliEndEpotBesteuerung  der Ungleichheit   Martin Schürz Europa am Scheideweg   Eugen FreundTTIP – eine Gefahr für  Demokratie und Sozialstaat    Neva LöwBudget 2014/2015: Kleineres Übel oder Haushalt der vergebenen Chancen?   Markus Marterbauer5/20144,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr.5/2014EYES WIDE OPENBANK AUSTRIA KUNSTFORUM WIENDie Identitären. Jugendbewegung der Neuen Rechten  Offensive gegen RechtsSchumpeter’sche Innovationen, Struktur­wandel und ungleiche Einkommensverteilung  Adolf StepanAbwanderungsdrohungen als  Mittel im KlassenkampfBettina Csoka, Franz Gall und Michaela SchmidtMehr Einbürgerungen für eine starke DemokratieLena Karasz6/20144,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr.6/2014VORBILDER150 JAHRE MAKDas Ende einer Ära  Thomas NowotnyAntimuslimischer Rassismus als soziales Verhältnis  Fanny Müller-UriÜber Sozialdemokratie, Europa und Utopien  Michael AmonHandel ist der Lebenssaft  einer freien Gesellschaft  Stefan Brocza7– 8/20144,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr.7 – 8/2014GARRY WINOGRANDWOMEN ARE BEAUTIFUL WESTLICHT Die geteilte Hegemonie in der EU-Wirtschaftspolitik Wolfgang EdelmüllerOtto Neurath – ein skeptischer Utopist Armin PullerJenseits von »mitgemeint«  Stefanie VasoldDie Rolle der Geldpolitik in der Krise Irene Mozart9/20144,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr. 9/2014Pikettys »Kapital im 21. Jahrhundert« Philipp MetzgerDie Verselbständigung neoliberaler Wirtschaftspolitik in der EUM. Marterbauer und L. OberndorferSozialdemokratische Orientier­ungs­ und ExistenzfragenLudwig Dvořák et al.Rekommunalisierung wird zum Trend  B. Hauenschild und S. Halmer10/20144,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr. 10/2014WIEN IM ERSTEN WELTKRIEGWIENMUSEUMWir müssen uns dem Urteil der Geschichte stellenHeinz FischerEine ZivilisationshautChristine NöstlingerDirekt die Demokratie erneuern – oder eher damit abschaffen?Daniel LehnerEin Grenzgänger des 20. Jahrhunderts: Leo KoflerChristoph Jünke5/20154,50 Euro P.b.b. Abs.: Gesellschaft zur Herausgabe der Zeitschrift ZUKUNFT, Kaiserebersdorferstrasse 305/3, 1110 Wien, 14Z040222 M, Nr. 5/201512. WESTLICHT FOTO-AUKTIONFrauenrechte verteidigen – 365 Tage im Jahr Julia Herr Bewegung in die ArbeitszeitgestaltungDavid MumDie außenpolitischen Beziehungen Kubas im WandelGernot StimmerFlüchtlingsfragen Caspar Einem1/20164,50 Euro P.b.b. Abs.: Gesellschaft zur Herausgabe der Zeitschrift ZUKUNFT, Kaiserebersdorferstrasse 305/3, 1110 Wien, 14Z040222 M, Nr. 1/2016DAS PARADIES DER UNTERGANGHARTMUT SKERBISCH - MEDIENARBEITENUNIVERSALMUSEUM JOANNEUM GRAZFür Identität, gegen BeliebigkeitCaspar EinemWien Freiheitlich – ein Szenario der VeränderungRudi SchickerKeine Zeit verlieren, um die Sozialdemokratie zu rettenJulia HerrNeutralität systematisch verletztThomas Riegler6/20154,50 Euro P.b.b. Abs.: Gesellschaft zur Herausgabe der Zeitschrift ZUKUNFT, Kaiserebersdorferstrasse 305/3, 1110 Wien, 14Z040222 M, Nr. 6/2015PIPILOTTI RISTKUNSTHALLE KREMSWaldheim – wie es wirklich warInterview mit Georg TidlTunesien – Demokratie braucht sozialen FortschrittMuna Duzdar100 Jahre Josef HindelsErwin LancMauern an den Grenzen führen zu Mauern in den KöpfenNurten Yılmaz2/20164,50 Euro P.b.b. Abs.: Gesellschaft zur Herausgabe der Zeitschrift ZUKUNFT, Kaiserebersdorferstrasse 305/3, 1110 Wien, 14Z040222 M, Nr. 2/2016AUGEN AUF! 100 JAHRE LEICA FOTOGRAFIEWestLicht / OstlichtHöchste Zeit für Schritte nach vornCaspar EinemDas Trennbankensystem der USA – eine Alternative?Josef FalkingerBusbahnhof, Flughafen und Fußball-WMBernhard LeuboltIst Deutschland das bessere Österreich?Markus Marterbauer7&8/20154,50 Euro P.b.b. Abs.: Gesellschaft zur Herausgabe der Zeitschrift ZUKUNFT, Kaiserebersdorferstrasse 305/3, 1110 Wien, 14Z040222 M, Nr. 7&8/2015HyperAmerikaKunsthaus GrazBildung fortschrittlich denkenGabriele Heinisch-HosekGeldregen aus dem HelikopterElisabeth BlahaDas Europa der ZukunftWolfgang EdelmüllerMindestsicherung – nur für InländerInnen?Marko Miloradović3/20164,50 Euro P.b.b. Abs.: Gesellschaft zur Herausgabe der Zeitschrift ZUKUNFT, Kaiserebersdorferstrasse 305/3, 1110 Wien, 14Z040222 M, Nr. 3/2016LENTOS DIE SAMMLUNGTanzt den Corbyn!Ludwig DvořákEurope no more?Wolfgang EdelmüllerBritische Gewerkschaften: Von Pro-EU zu Pro-Lexit?Sandra BreitenederRecht – Familie – EheHelga Hieden-Sommer9/20154,50 Euro P.b.b. Abs.: Gesellschaft zur Herausgabe der Zeitschrift ZUKUNFT, Kaiserebersdorferstrasse 305/3, 1110 Wien, 14Z040222 M, Nr. 9/2015WORLD PRESS PHOTO 15 GALERIE WESTLICHTMit den Tabus der Linken brechenSlavoj Žižek»Dem Terror nicht beugen« – das Nittel-AttentatThomas RieglerAushöhlung von Rechten für FlüchtlingeLeila Hadj-AbdouNeoliberaler Feldzug auf Gewerk-schaftsrechte im Schatten der Krise W. Greif & S. Breiteneder4/20164,50 Euro P.b.b. Abs.: Gesellschaft zur Herausgabe der Zeitschrift ZUKUNFT, Kaiserebersdorferstrasse 305/3, 1110 Wien, 14Z040222 M, Nr. 4/2016 Alles neu! 100 Jahre   Frankfurter  Schule Museum für  angewandte  KunstDie Quote der Glaubwürdigkeit Sonja Ablinger Debatten um Straßennamen sind auch ein demokratiepolitischer Lackmustest Interview mit Oliver RathkolbSteueroasen: Wo Vermögen parken Stefan Brocza und Andreas BroczaZukunft Rauchverbot  Sabine Oberhauser11/20144,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr. 11/2014JEFF WALL KUNSTHAUS BREGENZEin Blick in  den Spiegel Stephan Schimanowa Vom System zur Alternative Max LercherZu Arbeitsbegriff und Einkommensunterschieden Max LercherDas Erste Österreichische Universalmietrechtsgesetz Ruth Becher12/20144,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr. 12/2014SchauLuSt Die eRotiSche FotoGRaFie VoN aLFoNS WaLDeFotomuseum   WestlichtNeustart für Europa? Ulrich Brand Was will SYRIZA?Euclid TsakalotosZum Kern des Problems Ludwig DvořákDie Entzauberung religiös-politischer Parteien in der arabischen WeltMuna Duzdar1/20154,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr. 1/2015PEGIDA, AfD und die politische Kultur in Sachsen Michael Lühmann Österreichs kalte KriegerThomas RieglerWie die europäische Sozial demokratie Griechenland und dabei sich selber helfen kannMarkus MarterbauerKeine Angst vor der eigenen CourageMuna Duzdar2/20154,50 Euro P.b.b. Abs.: Gesellschaft zur Herausgabe der Zeitschrift ZUKUNFT, Kaiserebersdorferstrasse 305/3, 1110 Wien, 14Z040222 M, Nr. 2/2015ROMANE THANA.ORTE DER ROMA UND SINTIWIEN MUSEUMWird das Bildungsversprechen eingelöst? Vanessa Kinz, Nikolaus Ecker und Senad LacevicOberösterreich ist andersJosef WeidenholzerAnmerkungen nach der Wien-WahlCaspar Einem»Meinen Körper in den Kampf werfen«Thomas Riegler10/20154,50 Euro P.b.b. Abs.: Gesellschaft zur Herausgabe der Zeitschrift ZUKUNFT, Kaiserebersdorferstrasse 305/3, 1110 Wien, 14Z040222 M, Nr. 10/2015STEIERMARK IM BLICK UNIVERSALMUSEUM JOANNEUMSteuerreform: Weichen in Richtung künftige KürzungspolitikElisabeth KlatzerVon Wählerparteien zu Kümmerer- und Bewegungsparteien?Jens Gmeiner und Matthias MicusWie Griechenland aus der Staatsschulden-falle befreit werden kannWolfgang Edelmüller3/20154,50 Euro P.b.b. Abs.: Gesellschaft zur Herausgabe der Zeitschrift ZUKUNFT, Kaiserebersdorferstrasse 305/3, 1110 Wien, 14Z040222 M, Nr. 3/2015DIE ACHZIGER JAHREMUSASolidarität statt Ausgrenzung Laura SchochEU in Auflösung?Albrecht von LuckeArgentinische Vergangen-heitspolitik am ScheidewegGeorg KrizmanicsZum Erfolg der Programm- länder des EuroraumsElisabeth Blaha11/20154,50 Euro P.b.b. Abs.: Gesellschaft zur Herausgabe der Zeitschrift ZUKUNFT, Kaiserebersdorferstrasse 305/3, 1110 Wien, 14Z040222 M, Nr. 11/2015LIEBE IN ZEITEN DER REVOLUTIONBANK AUSTRIA KUNSTFORUM WIENWas will Varoufakis eigentlich?Philipp MetzgerWahlen in GroßbritannienArmin PullerDie Vereinbarkeit von Islam und ModerneMuna DuzdarBudgetziel erreicht, auf die Bekämpfung der Rekord arbeitslosigkeit vergessenMarkus Marterbauer4/20154,50 Euro P.b.b. Abs.: Gesellschaft zur Herausgabe der Zeitschrift ZUKUNFT, Kaiserebersdorferstrasse 305/3, 1110 Wien, 14Z040222 M, Nr. 4/2015MYTHOS GALIZIENWIEN MUSEUMHoffnung ist der Treibstoff des Fortschritts Barbara BlahaHillary – what else?Grössing & BroczaPolitische Kommunikation im Wiener JugendwahlkampfBernhard HeinzlmaierUnternehmerstimmung: Nur dunkel-trüb oder schon blau-schwarz?Markus Marterbauer12/20154,50 Euro P.b.b. Abs.: Gesellschaft zur Herausgabe der Zeitschrift ZUKUNFT, Kaiserebersdorferstrasse 305/3, 1110 Wien, 14Z040222 M, Nr. 12/2015Margot PilzMeilensteine MUSAZUKUNFT ABONNEMENTKupon ausschneiden & einsenden an:VA Verlag GmbHKaiser-Ebersdorferstraße 305/31110 WienIch bestelle  ein ZUKUNFT-Schnupperabo (3 Hefte) um 12,– Euro  ein ZUKUNFT-Jahresabo (11 Hefte) um 49,– EuroName:Straße:Ort/PLZ:Tel.:E-Mail:    Unterschrift:4,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr. 2/2013Was vom Tage übrig bliebBarbara BlahaWährend des Wendens  ist die Partei verletzlich Caspar EinemAus Fehlern lernen Ludwig DvořakWege aus der EurokriseWolfgang EdelmüllerDer Dritte WegErnst Gehmacher2/2013Kunstkammer WienKunsThisTorischEs musEum  WiEn4,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr. 3/2013Die EU-Konzessionsrichtlinie Alice WagnerFür eine offensive Wohnpolitik Wolfgang MoitziLeistbares Wohnen – eine Frage sozialer Fairness Michael LudwigEurokrise und kein Ende – Spanien im freien FallGünther Grunert3/2013BRIAN ADAMS – EXPOSEDNRW-FoRuM DüsseLDoRF4,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr. 4/2013Economic Governance – auf dem Weg zu einer »Troika für alle«Daniel LehnerEuropas Entwicklung Oskar NegtDer Antisemit Karl Renner? Ludwig DvořákWohin führt der neue Papst  seine Kirche?Adalbert Krims4/2013The Real eighTies Österreichisches Filmmuseum4,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr. 5/2013Das vermeintlich Unmögliche wagenSonja AblingerEuropas Linke muss jetzt Nein sagen! Hilde MattheisWir haben nichts zu fürchten als die Furcht selbst Robert MisikJulius TandlerHerwig Czech5/2013Alle MeSCHUGGe?JüdischEs MusEuM WiEn 4,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr. 6/2013Stadtentwicklung für die Wienerinnen und Wiener im 21. JahrhundertRudi SchickerStadt fair teilen Eva KailMobilität mit Zukunft bringt mehr Lebensqualität in die Städte Christian FölzerMali: Militarisierung der SahelzoneStefan Brocza6/2013WIEN AUSSENEIN FOTOPROJEKT VON DIDI SATTMANN Wien MuseuM ALAÏA. AZZEDINE ALAÏA IM 21. JAHRHUNDERTNRW-FORUM DÜSSELDORF4,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr. 7 & 8/2013SPÖ-Mission: Selbstbewusst vorwärts! Claudia Schmied Stagnation der Völkischen? Andreas PehamEin Volk von Eigentümern? Artur StreimelwegerVom KlubzwangLudwig Dvořák7&8/2013ALAÏA. AZZEDINE ALAÏA IM 21. JAHRHUNDERTNRW-FORUM DÜSSELDORFALAÏA. AZZEDINE ALAÏA IM 21. JAHRHUNDERTNRW-FORUM DÜSSELDORF4,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr. 9/2013Niedriglohnbeschäftigung in Deutschland Claudia Weinkopf & Thomas KalinaDie Troika und der Flächentarifvertrag Thorsten SchultenKinderkarenz und Wiedereinstieg Gerlinde HauerWendezeit des Kapitalismus?Armin Pullerk9/2013 WORLD PRESS  PHOTO 13  WESTLICHT. 4,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr. 10/2013Die SPÖ neu gründen!  Albrecht K. KonečnýEin modernes Strafrecht Hannes JarolimRot-Blau ante portas? Ludwig Dvořák Die EU gemeinsam verteidigenCaspar Einem10/2013KOKOSCHKA LeopoLd MuseuM4,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr. 11/2013Welcher Fortschritt?  Barbara BlahaVom Elend der PolitikverdrossenheitKarl CzasnyTunesien: Frauenrechte müssen verteidigt werdenMuna Duzdar Mehr als eine »Neid-Debatte«Wolfgang Moitzi11/2013DIE 70ER JAHRE. MUSA4,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr. 12 / 2013Die extreme Rechte vor der EU-Wahl Andreas PehamMarokko nach dem arabischen FrühlingMuna DuzdarMachtwechsel in NorwegenJens GmeinerZwischen NSA und medialem WiderstandAnton Tantner12/2013Edith tudor-hartWiEn musEum4,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr. 1/2014Kritische Bestandsaufnahme Wolfgang KatzianSozialdemokratische Handschrift?Sonja AblingerDas sozialdemokratische Jahrhundert     hat noch gar nicht begonnenHannes Swoboda Ägypten: Inmitten der KonterrevolutionTyma Kraitt1/2014DEBORAH SENGLDIE LETZTEN TAGE  DER MENSCHHEITESSL MUSEUMDer Wettbewerbspakt -  eine Bestandsaufnahme Alexandra StricknerDer Februar 1934 im Spiegel der Akten der BundespolizeidirektionFlorian Wenninger»Wirklich tüchtige und würdige Genossinnen«Gabriella Hauch Mexiko: Dank Freihandel ein gescheiterter Staat Boris Ginner und Alexander Strobl2/2014Unsere stadt!jüdisches MUseUM wien4,50 euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr. 2/2014Soziale Demokratie  als ständige Aufgabe   Emmerich TálosUkraine – zwischen  Ost und West?   Christina PlankGründe, die völkerrechtliche  Kirche im politischen Dorf zu lassen   Stefan BroczaIrrwege einer historischen »Schuldsuche« zum 12. Februar 1934   Gerhard Botz4/20144,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr.4/2014BÖSE    DINGE     HofmobiliEndEpotBesteuerung  der Ungleichheit   Martin Schürz Europa am Scheideweg   Eugen FreundTTIP – eine Gefahr für  Demokratie und Sozialstaat    Neva LöwBudget 2014/2015: Kleineres Übel oder Haushalt der vergebenen Chancen?   Markus Marterbauer5/20144,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr.5/2014EYES WIDE OPENBANK AUSTRIA KUNSTFORUM WIENDie Identitären. Jugendbewegung der Neuen Rechten  Offensive gegen RechtsSchumpeter’sche Innovationen, Struktur­wandel und ungleiche Einkommensverteilung  Adolf StepanAbwanderungsdrohungen als  Mittel im KlassenkampfBettina Csoka, Franz Gall und Michaela SchmidtMehr Einbürgerungen für eine starke DemokratieLena Karasz6/20144,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr.6/2014VORBILDER150 JAHRE MAKDas Ende einer Ära  Thomas NowotnyAntimuslimischer Rassismus als soziales Verhältnis  Fanny Müller-UriÜber Sozialdemokratie, Europa und Utopien  Michael AmonHandel ist der Lebenssaft  einer freien Gesellschaft  Stefan Brocza7– 8/20144,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr.7 – 8/2014GARRY WINOGRANDWOMEN ARE BEAUTIFUL WESTLICHT Die geteilte Hegemonie in der EU-Wirtschaftspolitik Wolfgang EdelmüllerOtto Neurath – ein skeptischer Utopist Armin PullerJenseits von »mitgemeint«  Stefanie VasoldDie Rolle der Geldpolitik in der Krise Irene Mozart9/20144,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr. 9/2014Pikettys »Kapital im 21. Jahrhundert« Philipp MetzgerDie Verselbständigung neoliberaler Wirtschaftspolitik in der EUM. Marterbauer und L. OberndorferSozialdemokratische Orientier­ungs­ und ExistenzfragenLudwig Dvořák et al.Rekommunalisierung wird zum Trend  B. Hauenschild und S. Halmer10/20144,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr. 10/2014WIEN IM ERSTEN WELTKRIEGWIENMUSEUMWir müssen uns dem Urteil der Geschichte stellenHeinz FischerEine ZivilisationshautChristine NöstlingerDirekt die Demokratie erneuern – oder eher damit abschaffen?Daniel LehnerEin Grenzgänger des 20. Jahrhunderts: Leo KoflerChristoph Jünke5/20154,50 Euro P.b.b. Abs.: Gesellschaft zur Herausgabe der Zeitschrift ZUKUNFT, Kaiserebersdorferstrasse 305/3, 1110 Wien, 14Z040222 M, Nr. 5/201512. WESTLICHT FOTO-AUKTIONFrauenrechte verteidigen – 365 Tage im Jahr Julia Herr Bewegung in die ArbeitszeitgestaltungDavid MumDie außenpolitischen Beziehungen Kubas im WandelGernot StimmerFlüchtlingsfragen Caspar Einem1/20164,50 Euro P.b.b. Abs.: Gesellschaft zur Herausgabe der Zeitschrift ZUKUNFT, Kaiserebersdorferstrasse 305/3, 1110 Wien, 14Z040222 M, Nr. 1/2016DAS PARADIES DER UNTERGANGHARTMUT SKERBISCH - MEDIENARBEITENUNIVERSALMUSEUM JOANNEUM GRAZFür Identität, gegen BeliebigkeitCaspar EinemWien Freiheitlich – ein Szenario der VeränderungRudi SchickerKeine Zeit verlieren, um die Sozialdemokratie zu rettenJulia HerrNeutralität systematisch verletztThomas Riegler6/20154,50 Euro P.b.b. Abs.: Gesellschaft zur Herausgabe der Zeitschrift ZUKUNFT, Kaiserebersdorferstrasse 305/3, 1110 Wien, 14Z040222 M, Nr. 6/2015PIPILOTTI RISTKUNSTHALLE KREMSWaldheim – wie es wirklich warInterview mit Georg TidlTunesien – Demokratie braucht sozialen FortschrittMuna Duzdar100 Jahre Josef HindelsErwin LancMauern an den Grenzen führen zu Mauern in den KöpfenNurten Yılmaz2/20164,50 Euro P.b.b. Abs.: Gesellschaft zur Herausgabe der Zeitschrift ZUKUNFT, Kaiserebersdorferstrasse 305/3, 1110 Wien, 14Z040222 M, Nr. 2/2016AUGEN AUF! 100 JAHRE LEICA FOTOGRAFIEWestLicht / OstlichtHöchste Zeit für Schritte nach vornCaspar EinemDas Trennbankensystem der USA – eine Alternative?Josef FalkingerBusbahnhof, Flughafen und Fußball-WMBernhard LeuboltIst Deutschland das bessere Österreich?Markus Marterbauer7&8/20154,50 Euro P.b.b. Abs.: Gesellschaft zur Herausgabe der Zeitschrift ZUKUNFT, Kaiserebersdorferstrasse 305/3, 1110 Wien, 14Z040222 M, Nr. 7&8/2015HyperAmerikaKunsthaus GrazBildung fortschrittlich denkenGabriele Heinisch-HosekGeldregen aus dem HelikopterElisabeth BlahaDas Europa der ZukunftWolfgang EdelmüllerMindestsicherung – nur für InländerInnen?Marko Miloradović3/20164,50 Euro P.b.b. Abs.: Gesellschaft zur Herausgabe der Zeitschrift ZUKUNFT, Kaiserebersdorferstrasse 305/3, 1110 Wien, 14Z040222 M, Nr. 3/2016LENTOS DIE SAMMLUNGTanzt den Corbyn!Ludwig DvořákEurope no more?Wolfgang EdelmüllerBritische Gewerkschaften: Von Pro-EU zu Pro-Lexit?Sandra BreitenederRecht – Familie – EheHelga Hieden-Sommer9/20154,50 Euro P.b.b. Abs.: Gesellschaft zur Herausgabe der Zeitschrift ZUKUNFT, Kaiserebersdorferstrasse 305/3, 1110 Wien, 14Z040222 M, Nr. 9/2015WORLD PRESS PHOTO 15 GALERIE WESTLICHTMit den Tabus der Linken brechenSlavoj Žižek»Dem Terror nicht beugen« – das Nittel-AttentatThomas RieglerAushöhlung von Rechten für FlüchtlingeLeila Hadj-AbdouNeoliberaler Feldzug auf Gewerk-schaftsrechte im Schatten der Krise W. Greif & S. Breiteneder4/20164,50 Euro P.b.b. Abs.: Gesellschaft zur Herausgabe der Zeitschrift ZUKUNFT, Kaiserebersdorferstrasse 305/3, 1110 Wien, 14Z040222 M, Nr. 4/2016 Alles neu! 100 Jahre   Frankfurter  Schule Museum für  angewandte  KunstDie Quote der Glaubwürdigkeit Sonja Ablinger Debatten um Straßennamen sind auch ein demokratiepolitischer Lackmustest Interview mit Oliver RathkolbSteueroasen: Wo Vermögen parken Stefan Brocza und Andreas BroczaZukunft Rauchverbot  Sabine Oberhauser11/20144,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr. 11/2014JEFF WALL KUNSTHAUS BREGENZEin Blick in  den Spiegel Stephan Schimanowa Vom System zur Alternative Max LercherZu Arbeitsbegriff und Einkommensunterschieden Max LercherDas Erste Österreichische Universalmietrechtsgesetz Ruth Becher12/20144,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr. 12/2014SchauLuSt Die eRotiSche FotoGRaFie VoN aLFoNS WaLDeFotomuseum   WestlichtNeustart für Europa? Ulrich Brand Was will SYRIZA?Euclid TsakalotosZum Kern des Problems Ludwig DvořákDie Entzauberung religiös-politischer Parteien in der arabischen WeltMuna Duzdar1/20154,50 Euro P.b.b. GZ 02Z033338 M, Verlagspostamt 1010 Wien, Nr. 1/2015PEGIDA, AfD und die politische Kultur in Sachsen Michael Lühmann Österreichs kalte KriegerThomas RieglerWie die europäische Sozial demokratie Griechenland und dabei sich selber helfen kannMarkus MarterbauerKeine Angst vor der eigenen CourageMuna Duzdar2/20154,50 Euro P.b.b. Abs.: Gesellschaft zur Herausgabe der Zeitschrift ZUKUNFT, Kaiserebersdorferstrasse 305/3, 1110 Wien, 14Z040222 M, Nr. 2/2015ROMANE THANA.ORTE DER ROMA UND SINTIWIEN MUSEUMWird das Bildungsversprechen eingelöst? Vanessa Kinz, Nikolaus Ecker und Senad LacevicOberösterreich ist andersJosef WeidenholzerAnmerkungen nach der Wien-WahlCaspar Einem»Meinen Körper in den Kampf werfen«Thomas Riegler10/20154,50 Euro P.b.b. Abs.: Gesellschaft zur Herausgabe der Zeitschrift ZUKUNFT, Kaiserebersdorferstrasse 305/3, 1110 Wien, 14Z040222 M, Nr. 10/2015STEIERMARK IM BLICK UNIVERSALMUSEUM JOANNEUMSteuerreform: Weichen in Richtung künftige KürzungspolitikElisabeth KlatzerVon Wählerparteien zu Kümmerer- und Bewegungsparteien?Jens Gmeiner und Matthias MicusWie Griechenland aus der Staatsschulden-falle befreit werden kannWolfgang Edelmüller3/20154,50 Euro P.b.b. Abs.: Gesellschaft zur Herausgabe der Zeitschrift ZUKUNFT, Kaiserebersdorferstrasse 305/3, 1110 Wien, 14Z040222 M, Nr. 3/2015DIE ACHZIGER JAHREMUSASolidarität statt Ausgrenzung Laura SchochEU in Auflösung?Albrecht von LuckeArgentinische Vergangen-heitspolitik am ScheidewegGeorg KrizmanicsZum Erfolg der Programm- länder des EuroraumsElisabeth Blaha11/20154,50 Euro P.b.b. Abs.: Gesellschaft zur Herausgabe der Zeitschrift ZUKUNFT, Kaiserebersdorferstrasse 305/3, 1110 Wien, 14Z040222 M, Nr. 11/2015LIEBE IN ZEITEN DER REVOLUTIONBANK AUSTRIA KUNSTFORUM WIENWas will Varoufakis eigentlich?Philipp MetzgerWahlen in GroßbritannienArmin PullerDie Vereinbarkeit von Islam und ModerneMuna DuzdarBudgetziel erreicht, auf die Bekämpfung der Rekord arbeitslosigkeit vergessenMarkus Marterbauer4/20154,50 Euro P.b.b. Abs.: Gesellschaft zur Herausgabe der Zeitschrift ZUKUNFT, Kaiserebersdorferstrasse 305/3, 1110 Wien, 14Z040222 M, Nr. 4/2015MYTHOS GALIZIENWIEN MUSEUMHoffnung ist der Treibstoff des Fortschritts Barbara BlahaHillary – what else?Grössing & BroczaPolitische Kommunikation im Wiener JugendwahlkampfBernhard HeinzlmaierUnternehmerstimmung: Nur dunkel-trüb oder schon blau-schwarz?Markus Marterbauer12/20154,50 Euro P.b.b. Abs.: Gesellschaft zur Herausgabe der Zeitschrift ZUKUNFT, Kaiserebersdorferstrasse 305/3, 1110 Wien, 14Z040222 M, Nr. 12/2015Margot PilzMeilensteine MUSA