lumaho magazin 01 2021 INFRAROTFOTOGRAFIE


Infrarotfotografie hat mich schon immer fasziniert. Icherinnere mich, dass ich in den 70iger Jahren zufälligden IR SW Film von Kodak in einem Fotogeschäft fandund kaufte. Ich hatte von nix eine Ahnung, belichteteihn mit der DIN Zahl auf der Packung und entwickelteihn nach Anweisung ... die Ergebnisse waren ... naja. Mir gefiel die „falsche Darstellung“ der Welt, die Bildererschienen mir immer geheimnisvoll und auch einwenig unheimlich. In diesem lumaho magazin will ich von meinen Erfah-rungen berichten: vom IR Kodak SW Film mit dem ich2004 eine Serie fotografierte (selbst entwickelt, vergrö-ßert), vom Ilford SFX Film den ich 2016 belichtete(fremdentwickelt und gescannt). Und von meinenErfahrungen ab 2020 mit einer Digitalkamera, die ichzu einer Infrarotkamera umbauen ließ. Die physikalischen Hintergründe der IR Fotografie kannman in Wikipedia nachlesen. Der von mir verwendete IR Kodak Schwarzweißfilmschaute tief ins infrarote Spektrum hinein = 900nm. Erwar extrem körnig und hatte eine Empfindlichkeit von27DIN/400ASA.Die Kleinbildkassette musste bei Dunkelheit in dieKamera eingelegt, entnommen und entwickelt werden,da die Entwicklungsdose nicht IR „dicht“ war. Insge-samt ein mühseliges Geschäft. Titelbild:Fujifilm X100T 700nmWalensee, Schweiz


Kodak IR SWSchaugarten in Veitshöchheim


Fujifilm X100T 700nmBodensee


Der Ilford SFX Film hatte eine Empfindlichkeit von24DIN/200ASA und schaute bis 740nm ins infraroteSpektrum. Er war feinkörniger als der Kodak Film, aberdie IR Effekte waren weniger spektakulär. Ich habe seit einigen Jahren neben einer Digitalen Sys-temkamera eine Kamera „für alle Fälle“:Fujifilm X100T mit einem fest eingebauten 23mmObjektiv, das bezogen auf den APS C Sensor einem35mm Objektiv an einer Vollformatkamera entspräche. Der Umbau einer Digitalen Kamera wird von einigenWerkstätten angeboten und ich entschied mich fürhttps://irrecams.de/ von Sven Lamprecht.Er bietet verschiedene Varianten an, ich entschied michdie Kamera mit einem Filter 700nm umbauen zu lassen,damit ich die Möglichkeit habe farbige Aufnahmen undSW Aufnahmen zu machen. Bei einem „strengen Filter“von 830nm wären nur noch SW Aufnahmen möglich. Der Umbau kostete mich Euro 270,00 und die Abwick-lung verlief schnell und einwandfrei. Ich habe 1 JahrGarantie und bin bis jetzt mit der umgebauten Kameramehr als zufrieden.Dies als meine Meinung, ich werde von Herrn Lamp-recht weder gesponsert noch bin ich mit ihm befreun-det. Nachfolgend zeige ich Aufnahmen aus allen 3 Quellen:Kodak IR SW (der übrigens nicht mehr produziert wird),Ilford SFX und mit der umgebauten X100T.


Fujifilm X100T 700nm„in motion“ ... aus einem fahrenden Auto


Kodak IR SW„in motion“ ... aus einem fahrenden Zug


Fujifilm X100T 700nmWalensee, Schweiz




Ilford SFXim Elsaß


Kodak IR SWCambridge/England


Kodak IR SWbei Weißenburg/Elsaß


Ilford SFXin Höningen/Pfalz


IR Filme wurden mit „üblicher“ Chemie entwickelt undfixiert, gewässert und getrocknet. Das Vergrößern warbis auf die hohen Kontraste des Kodak Films unproble-matisch, die man aber mit den üblichen Tricks beherr-schen konnte. Und bei Digitalkameras?Es gibt auch die Möglichkeit die IR Empfindlichkeit desSensors auszunutzen und mit Objektivfiltern das sicht-bare Licht auszusperren um IR Aufnahmen zu erhalten- der größte Nachteil: das Sucherbild ist sehr dunkelund die Belichtungszeiten sind sehr lang = Stativ. Viel angenehmer ist eine umgebaute Digitalkamera,man sieht etwas im Sucher und die Belichtungszeitensind normal, man kann auch unterschiedliche ISOWerte wählen. Das Bild auf der gegenüberliegenden Seite -oben- istdas „Originalbild“ aus der Kamera. So würde es auch ineinem digitalen Sucher aussehen. Das Bild ist rötlichund kontrastarm.Der erste Schritt in der Bearbeitung ist der Kanaltauschvon ROT und BLAU. Gegenüberliegende Seite -unten-.Es gibt RAW Konverter, die dies können (Darktable),aber die beiden größten am Markt können es nicht -jedenfalls nicht direkt.Es gibt einen Trick und den wende ich in Capture ONEan (in Lightroom geht dies sicherlich ähnlich):https://youtu.be/5yrQisDwp9A




Fujifilm X100T 700nmLindau/Bodensee




Nach dem Tausch des ROT- mit dem BLAUkanal setzeich einen Weißpunkt. Hier sind die Programme im Vor-teil, die es erlauben den Weißpunkt unter 2000° Kelvinzu setzen, da die IR Bilder sehr „kalt“ sind. Danach wird das Bild „wie üblich“ bearbeitet:geschärft, der Belichtungskurve ein S gegeben, eineleichte (!) Vignette gesetzt und die Kontraste angeho-ben, die Belichtung noch einmal angepasst ... bis es mirgefällt. Die Farben in einem IR Bild sind letztlich keine IR Far-ben, sondern Artefakte ... und man kann sie ganz gutbeeinflussen. Und in SW? Das Bild wird genauso bearbeitet und dannin SW gewandelt mit den entsprechenden Anpassun-gen. Die Helligkeit von Laubgrün hängt nicht nur vom Blatt-grün ab, sondern auch vom Sonnenstand und der Licht-temperatur. Dies kann man am Monitor der Kamerabeurteilen: der größte Vorteil der Digitalkamera im Ver-gleich zur Kamera mit IR Film - man tappt nicht mehrim Dunkeln. Zusammen mit dem umfangreichen Werkzeug einesRAW Konverters stehen einem fast alle Wege offen.


Fujifilm X100T 700nmbei Mußbach, Pfalz


Ilford SFXElsaß/Frankreich


Der Ilfordfilm hatkaum Nachteile,aber auch fürmich keine Vor-teile. Sein IREffekt ist zugering. Das linkeFoto zeigt einenschönen Effekt inden Gläsern derLaternen ... Bei beiden IR Fil-men hatte ichnatürlich ein sehrstrenges Rotfilterauf die jeweiligenObjektive aufge-setzt.Ein IR Sperrfilterhabe ich niebenutzt, da manfast nichts mehrim Sucher derReflexkamerasieht und dieBelichtungszeitenin den Minuten-bereich gegan-gen wären. Kodak IR SWbei Meckenheim/Pfalz


Fujifilm X100T 700nmBad Dürkheim, Pfalz


Fujifilm X100T 700nmbei Altrip, Pfalz


Sven Lamprecht macht in seinerHomepage auf einige Probleme auf-merksam (https://irrecams.de/infra-rot-hotspot-und-andere-bildfehler/). Der Fokus funktioniert bei meinerspiegellosen Sucherkamera ein-wandfrei, aber mit dem Hotspot(heller, oft andersfarbiger Fleck inder Bildmitte) und den Lensflarres(farbige Objekte bei Gegenlicht)hatte ich schon zu tun. Nun - ich meide direktes Gegenlichtund die Hotspots kann ich mitCapture One negieren, durch denEinsatz von Reparaturmasken.Da kann man nicht nur die Helligkeitausgleichen, sondern auch die Far-bigkeit verändern. Manchmal lasse ich es auch, wennes mir gefällt - ein technisch perfek-tes Bild im Sinne einer korrektenAbbildung der Wirklichkeit ist miteiner IR Digitalkamera sowieso einsinnloses Unterfangen - es geht umdie Wirklichkeit, die ich sehen will.Also in dem Sinne eine äußert politi-sche Art zu fotografieren ;-) Fujifilm X100T 700nmbei Neuhofen, Pfalz


Fujifilm X100T 700nmbei Neuhofen, Pfalz


Fujifilm X100T 700nmbei Neckarhausen/Baden


Fujifilm X100T 700nmForst, Pfalz


Man sagt, die Saison für IR Fotogra-fie ist die Zeit der Vegetation ... alsohier in der Pfalz von Ende Februarbis in den November. Im Winterlässt man es besser, weil nix grüntund blüht, auch wenn das Licht imWinter manchmal sehr schön seinkann. In der Werkstätte Fotografie Mann-heim zeigte ein Mitglied IR Bilder miteiner normalen Digitalkamera inVerbindung mit einem 850er IR Fil-ter. Ich besorgte mir so ein Filterund mit meinen Kameras war dasErgebnis enttäuschend.Das brachte mich wieder auf dieIdee des Kameraumbaus. Was ich in der nächsten Saison aus-probieren will, ist die Kombinationdes 850nm Schraubfilters auf der IRKamera - da kommen dann nur SWBilder heraus, aber mit sehr starkem„Wood Effekt“ - also der sehr hellenWiedergabe von „Grün“ im Foto. Das Abenteuer IR Fotografie gehtweiter! Fujifilm X100T 700nmKalmit, Pfalz


Fujifilm X100T 700nmKalmit, Pfalz


Fujifilm X100T 700nmin der Schweiz


Kodak IR SWin Deutschland


Fujifilm X100T 700nmOggersheim/Pfalz lumaho magazin wird zusammengestellt von Manfred Hofmann hofmann.forst@t-online.de